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Werner Köhne

Werner Köhne


AISTHESIS: EMPFINDUNG GEPAART MIT VERNUNFT

Ein Einwurf

Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer. Wenn diese Einschätzung Goyas zutrifft, könnten sich auch im normalen Erkenntnisprozess derartige Un- geheuer breit machen, da wo der bloßen Empfindung bekanntlich die aktivere Wahrnehmung folgt, die später im günstigsten Fall zur Erkenntnis reift. Die alten Grie- chen unterschieden noch nicht so scharf die Empfindung von der Wahrnehmung und prägten für beide das Wort »Aisthesis« – was uns dazu verführt hat, darunter lediglich eine Disziplin, die Ästhe- tik, zu verstehen. Dies im Hinterkopf stelle ich mir die Frage, wie es im Lichte der Erkenntnistheorie mit der ...
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  PHILOSEMITISMUS, ANTISEMITISMUS

Über Gründe und Abgründe des deutsch-jüdischen Verhältnisses | Von Werner Köhne

Es erscheint angesichts einer­kurz­aufflackernden­Euphorie für die Fußballeuropameisterschaft als folgerichtig, dass die staatlich eingesetzten Panikeinpeitscher zu einer Gegenreaktion ausholten. Die galt allerdings weniger den dicht an dicht stehenden Fans, sondern sollte – wie immer in letzter Zeit – die Kritiker der Coronapolitik treffen. Genau das geschah am 28. Juni 2021 im ZDF-Heute-Journal. Man holte die massivste Keule hervor, die sich denken lässt: den Vorwurf des Antisemitismus. Sie, die quer denkenden Demonstranten – so die ...
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  Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei ...

EINWURF von Werner Köhne

Das Zitat im Titel ist von Lale Andersen. Doch wann ist etwas vorüber? Wenn das Pendel zur Ruhe kommt und alles wieder an seinen Platz rückt – wie einst? Der englische Premierminister Johnson kündigt dieser Tage das Ende der Lockdown-Maßnahmen an – in der im britischen Naturalismus wurzelnden Überzeugung, dass, nachdem nahezu alle Engländer geimpft sind, die Gefahr der Pandemie gebannt sei und wir nun einigermaßen gesichert mit dem Virus leben sollten. Das mögen die deutschen Krypto-Krisenmanager – hier eher Metaphysiker als Naturalisten – ...
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  Der Geist der Zeit

Auszug aus der Kölner Rede des DW-Philosophen Dr. Werner Köhne über den inhaftierten Journalisten Julian Assange.

»Das Schwierigste für Personen, die eingesperrt sind, ist die Monotonie. Ich versuche, jeden Tag so verschieden wie möglich zu gestalten, so unterschiedlich es geht – und es ist nie verschieden genug für mich.« So äußert sich Julian Assange in einem seiner Interviews. Leben heißt Verschiedenheit. Der Mensch allein und ohne sinnlichen Weltbezug, ohne Kommunikation mit anderen; das ist Isolationsfolter. In diesem Zustand trifft der Sonderbeauftragte der UNO für Folter Nils Melzer Julian Assange im Hochsicherheitstrakt eines Londoner Gefängnisses. Am Ende des Treffens berichtet Melzer, Julian ...
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  Der Anfang der Lüge

M anchmal schmerzen sie doch, die enttäuschten Hoffnungen. So war das mit der links-alternativen Bewegung, die sich irgendwann zu Mitte der 1970er formierte – gewachsen aus der Erfahrung einer Ernüchterung der 68er, welche die alte Ernst Bloch Utopie und die Rudi Dutschke Diskurserotik eingetauscht hatten gegen quälende politische Sektenbildungen. Es hatte dann Ende der 70er den Anschein, als würden die luftigen Utopien durch die beginnende Umwelt- und eine breiter gefächerte Friedensbewegung »geerdet«. Auch die Bilder der Zeit sprachen dafür: Anstatt sich in Seminarräumen ...
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  KRITIK UND CORONA-KRISE

EINWURF

Die Welt in der Krise: ein Befund, der sich kaum noch bestreiten lässt. Diese Krise jedoch allein als Corona-bedingt auszuweisen, wäre verfehlt, misst man sie an den realen Gegebenheiten der Pandemie. Auffällig ist, dass der Faktor Kritik im Streit um die Deutungshoheit in der Corona-Krise auf ein unterschiedliches Echo trifft. In der von Politik und Medien gestreuten Diffamierung des Gegners als »Corona-Leugner« löst sich Kritik in dessen Stigmatisierung auf, während jede an die Corona-Agenten geübte Kritik als böse Unterstellung betrachtet wird. Über das historische Verhältnis von Krise und ...
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Zwischen sturem Prinzip und Leben (2)

EINWURF von Werner Köhne

Mit dem IC nach Münster zu einer Lesung. Zuvor auf dem Bahnsteig in Köln gepanzerte Körper – jeweils zu dritt. Selbst schlecht bezahlte Ordnungskräfte bedienen das Ideal einer »wehrhaften« Neuen Normalität, die aus Individuen Funktionsträger und aus Funktionsträgern blinde Exekutoren staatlichen Anordnungswahns macht. öln. Wie fühlen sie sich in dieser Rüstung – etwa wie in einem Film aus den 1930er Jahren, wo die gut sitzende Uniform des Leutnants bei den Damen den erotischen Kick mitlieferte? In einer maskierten Welt wirken die in alarmistischem Gelb gehaltenen Uniformen und ...
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Ein Einwurf

FRAMING

Im vorletzten Jahr startete die ARD einen Versuch, ihr etwas ramponiertes Image aufzubessern und beauftragte zu diesem Zweck die Linguistin Elisabeth Wehling, die mit ihrem Buch Manuel Framing bekannt geworden war, ein angemessenes Konzept hierfür zu erstellen: Wie kommt der Sender zu einem Framing, das ihn in ein gutes Licht stellt? Die Frucht dieser Legitimations­bemühungen war bald zu bestaunen. Etwa vier Monate lang lief zwischen Sen­dungen der ARD ein Werbefilm, der mir noch heute Magengrummeln verursacht. Es versammelten sich – ich glaube im Sendesaal des WDR – eine bunte Schar von Menschen aus ...
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  Wer bin ich – und wenn ja – ein Linker?

EINWURF von Werner Köhne

Köln vor ein paar Tagen: Das von der Antifa mir entgegengebrüllte »Halt die Fresse, du Nazi« noch im Ohr, frage ich mich: Bin ich noch ein Linker? Dazu ein skizzenhafter Rückblick. 1967, gerade aus dem Klosterinternat geflogen. Im Rausch der neuen Freiheit konfrontiere ich bei einer Kundgebung den Kanzler Kurt Georg Kiesinger mit seiner Nazivergangenheit. Empörung im Saal. Einige Sauerländer Schützenfestmarschierer rufen mir zu: »Rübe ab, du Gammler«. »Herbst der Gammler«, so auch der Titel eines Films damals. Er dokumentiert mittels langsamer Kamerafahrt über die hasserfüllten Gesichter ...
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  Über die Gier

EINWURF von Werner Köhne

»Wir haben die Lust am Leben eingetauscht gegen die Gier, nicht sterben zu müssen.« Dieses Zitat des österreichischen Philosophen Peter Strasser macht mich immer wieder fassungslos und betroffen angesichts seiner Treffsicherheit bezogen auf die laufenden Ereignisse in den letzten 20 Monaten. Wenn das Corona-Geschehen gemäß eines existential-anthropologischen Tiefenblicks bestimmt werden sollte, dann durch den Gegensatz von Lust und Gier. Gier gehört bekanntlich zu den sieben Todsünden, wird aber meist als eine Art Unersättlichkeit – einem sinnlosen »Immer-mehr-wollen« – verstanden. In diesem Zitat zeigt sich ...
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Der Narzisst, oder

  Die Sphinx von Düren

Ein Psychogramm des Karl Lauterbach

Er, Karl Lauterbach, muss gespürt haben, das da etwas aus dem Lot zu geraten droht. Der Krieg in der Ukraine überlagert denn auch seit Monaten sein ureigenstes Thema, ja seine Berufung. Die Pandemie ist spürbar aus den öffentlichen Schlagzeilen geraten; die wichtigste Währung, nämlich die Aufmerksamkeit, gilt anderen Ereignissen. Die Taz sah 2020 in Karl Lauterbach die liebenbenswerteste Kassandra unter all den anderen – und verband das mit der Frage: Soll man auf ihn hören? Der Mann schien in den letzten zwei Jahren irgendwie omnipräsent. In einer einstündigen ARD-Dokumentation zu Karl Lauterbach ...
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