Im vorletzten Jahr startete die ARD einen Versuch, ihr etwas ramponiertes Image aufzubessern und beauftragte zu diesem Zweck die Linguistin Elisabeth Wehling, die mit ihrem Buch Manuel Framing bekannt geworden war, ein angemessenes Konzept hierfür zu erstellen: Wie kommt der Sender zu einem Framing, das ihn in ein gutes Licht stellt?
Die Frucht dieser Legitimationsbemühungen war bald zu bestaunen. Etwa vier Monate lang lief zwischen Sendungen der ARD ein Werbefilm, der mir noch heute Magengrummeln verursacht. Es versammelten sich – ich glaube im Sendesaal des WDR – eine bunte Schar von Menschen aus allen Teilen des Lan des, und sie sangen aus vollem Herzen die neue ARD-Hymne: »Erzähl mir von dir«. Es ging um die Bildung eines WirGefühls – ein Wir, dass sich bei genauerem Hin sehen als Stake Holder Family, also Interessensfamilie, für das quotenabhängige Finanz-Subjekt ARD entpuppte. Kurz vor der Inthronisation der neuen Normalität Corona ist man geneigt darin mehr als einen Zufall zu sehen.
Eine zweite Begebenheit, die zum Nach denken anregt, betrifft den Spiegel, jenes Qualitätsmedium, dem so mancher vertraut. Bekannt wurde der Fall Relotius, der auch gut in die Framing-Diskussion passt. Dieser sympathische junge Journalist mit blauen Augen, blondem Haar und angenehmer Schüchternheit hatte jahrelang selbst erfundene Geschichten als gut recherchierte Reportagen ausgegeben. Der Clou: Die ganze Baggage der Echtheitsprüfer beim Spiegel fiel auf diese Posse herein – wohl deshalb, weil diese Herrschaften alle an einer Krankheit des Geistes litten: ihrer Sucht nach »Story Telling«, dem Geschichtenerzählen.
So weit, so ungeheuer schlecht. Vor allem deshalb, weil aufseiten der Journalisten keine Lehren aus dem Desaster gezogen wurden. Heute kann man dem Gros der Journalisten weniger Fake News und Story Telling vorwerfen; es werden vielmehr Informationen totge schwiegen und gelöscht. Auch das könnte man als ein Framing bezeichnen. Und dabei nicht grundlos an das Corona-Rahmen-Trio-Infernale: Merkel, Whyler and Drosten, denken.
Ist indes nur Negatives über Framing zu berichten? Das Gedicht Die Todesfuge von Paul Celan belehrt uns eines Besse ren. Da wird ein Rahmen für die Erzählung Auschwitz gefunden. In Kenntnis der verbrannten Juden in den Krematorien spricht der Lyriker von den »Toten in den Lüften; da liegt man nicht eng«. Das ist Framing – als Erkenntnisschock.