Die Inhaftierung Arne Schmitts schlägt Wellen und sorgt deutschlandweit für Empörung. Nun liegen dem Demokratischen Widerstand weitere Details darüber vor, was dem demokratischen Konzertpianisten vorgeworfen wird.
Das Wichtigste zuerst: Arne Schmitt befindet sich derzeit im berühmt-berüchtigten Gefängnis Berlin-Moabit. Hier saßen Andreas Baader, Horst Mahler und Heinrich Lübcke u.v.m. ein. Moabit kann es mit Stuttgart-Stammheim an politischer Bedeutung also durchaus aufnehmen.
Postalisch ist er dort über die Anschrift Arne Schmitt, c/o JVA Moabit, Alt-Moabit 12 a, 10559 Berlin zu erreichen.
Laut Angaben des Menschenrechtsaktivisten Roman Mironov (hier auf Youtube und hier der Beitrag auf Telegram) vom heutigen Mittag hat Arne Schmitt mittlerweile anwaltliche Unterstützung erhalten: Die Anwältin ist Katja Wörmer, die auch die Vertretung von Reiner Füllmich übernommen hatte.
Gestern hatten wir hier im Demokratischen Widerstand die Stellungnahme der Berliner Staatsanwaltschaft zu der Verhaftung veröffentlicht (siehe hier). Vom Jura-Professor und DW-Kolumnisten Martin Schwab gab es daraufhin eine vernichtende Kritik: »Liebe Berliner Staatsanwaltschaft, das hat mit Jura nichts zu tun!«, so sein Fazit. Die Antwort der Staatsanwaltschaft lasse ihn »ebenso ratlos wie fassungslos zurück.« Die Antwort sei »eine Verhöhnung des Rechtsstaats«. So kritisierte er, dass es den aufgeführten Straftatbestand »Angriff auf einen Schöffen/einen Justizwächter« gar nicht gebe.
DW fragte erneut nach:
Wir haben deshalb erneut bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt, um offene Fragen zu klären. Noch immer waren es Spekulationen, wann und wo sich der »Angriff auf den Schöffen und den Justizwachtmeister« genau zugetragen haben sollte. Zwar kursierten Aufnahmen vom 20. August 2025, doch war das aus den bislang vorliegenden Aussagen der Staatsanwaltschaft nicht final belegt. Wir fragten darum nach, wann und wo sich der Vorfall ereignet haben sollte.
Die Antwort der Pressestelle heute Nachmittag, am 4. September 2025:
»20. August vor dem Kriminalgericht Moabit.«
Um noch präziser zu sein, hakten wir nach: Ist »vor dem Kriminalgericht« hier architektonisch gemeint, das heißt vor dem Gebäude in der Turmstraße, oder bildlich (etwa »vor seinem Richter«), hieße: im Gerichtssaal.«.
Die Antwort: »Architektonisch, also auf der Straße vor dem Gerichtsgebäude.«
Zur zeitlichen Eingrenzung unsere Nachfrage: »Da das Verfahren über viele Stunden an diesem Tag lief: Können Sie mir hier eine Uhrzeit des Vorfalls geben?«
Die Antwort des Pressesprechers: »Eine genaue Uhrzeit liegt mir nicht vor, jedenfalls nach der Hauptverhandlung.«
WAS WIRD ARNE SCHMITT
KONKRET VORGEWORFEN
Aufgrund des publizisten Hinweises unsere Kolumnisten Martin Schwab fragten wir auch nach den konkreten Paragraphen, gegen die Arne Schmitt verstoßen haben soll. Die Antwort auf die DW-Nachfrage kurz aber überaus umfassend:
»§§ 113, 114, 115, 145d, 164 StGB«
– Bei Paragraph 113 StGB handelt es sich um den Tatvorwurf Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestraft wird (zum Gesetz hier klicken).
– Paragraph 114 bedeutet Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, was mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird.
– Paragraph 115 ist Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen. Hier ist die Strafe analog zu den Paragraphen 113 oder zu Paragraph 114: bis zu 3 oder bis zu 5 Jahre.
So viel zum Vorwurf des »Angriffes«. Neu und in einem ganz anderen Zusammenhang stehen die anderen Paragraphen, die Arne Schmitt gebrochen haben soll:
– Bei Paragraph 145d handelt es sich um den Vorwurf des Vortäuschens einer Straftat (bis zu 3 Jahre Haft) und bei Paragraph 164 um Falsche Verdächtigung (bis zu 5 Jahre Haft).
Diese beiden Vorwürfe waren neu, sind sie doch mit dem Begriff »Angriff«, der uns noch gestern genannt wurde, schwer zusammen zu bringen. Wir hakten deshalb auch hier noch einmal nach:
Frage: Gestern schrieben Sie, dass der Untersuchungshaft »der dringende Tatverdacht des Angriffs auf einen Schöffen und einen Justizwachtmeister zugrunde« liegt. In Ihrer heutigen Antwort führen Sie nun die Paragraphen 145d (Vortäuschen einer Straftat) und 164 (Falsche Verdächtigung) auf, also Paragraphen, die mit dem Begriff »Angriff« erst einmal nichts zu tun haben. Daher die Frage: Sind diese Anklagepunkte seit Ihrer gestrigen Antwort um 17.17 Uhr neu hinzugekommen oder wie stehen diese im Zusammenhang mit dem Begriff »Angriff«?
Die Antwort der Staatsanwaltschaft: »Es gab auch noch eine Anzeigeerstattung durch Herrn Schmitt gegen den Schöffen, daher werden im Haftbefehl auch die falsche Verdächtigung und das Vortäuschen einer Straftat als separate Tatbestände aufgeführt.«
Diese Anklagepunkte standen also, laut Staatsanwaltschaft, bereits im Haftbefehl, der gestern am 3. September 2025 vollstreckt wurde
VERSUCH EINER EINSCHÄTZUNG
Hier wird erst einmal alles Mögliche an Anklagepunkten erhoben, um sich alle möglichen Optionen offen zu halten. War es Angriff oder war es Widerstand? Soll es Vortäuschen einer Straftat sein (bis zu drei Jahren) oder das härtere Falsche Verdächtigung (bis zu fünf Jahre)? – »Egal, schauen wir mal, was geht«, scheint die Haltung der Staatsanwaltschaft zu sein.
Hier geht es um Vorwürfe, die jahrelange Haftstrafen nach sich ziehen können. Und das aus dem Grund, weil Arne Schmitt wissen wollte, wer die Menschen sind, die da über ihn richten. Eine Offenheit, die in einem liberalen Rechtsstaat, in einer Demokratie, in der wir uns auf Augenhöhe und mit offenem Visier begegnen sollten, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste.
Auf seinem Telegram-Kanal gibt Arne Schmitt an, dass man ihn für seine Auseinandersetzung mit der Staatsmacht unterstützen kann. Seine Bankverbindung ist: Arne Schmitt, IBAN: DE52 4016 5366 0251 6182 00 Verwendungszweck: Schenkung.
Zum Artikelbild: Arne Schmitt bei einem seiner unzählig vielen Auftritten auf Versammlungen der Friedens- und Demokratiebewegung. Hier in Hannover bei einer Aktion der Schneemänner mit Würde. Am kommenden Montag, den 8. September 2025 veranstalten die Demokraten dort auf dem Hannoveraner Ernst August Platz ab 16.45 Uhr eine Versammlung, »um darauf hinzuweisen, wie versucht wird, Kritiker des Regimes mundtot zu machen. Und dass wir uns das nicht gefallen lassen.« Foto: Kris und Ralf/Schneemänner mit Würde