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Interview

»Ich war zum Abschuss freigegeben«

Rechtsanwalt Markus Roscher hatte Scholz, Habeck und Baerbock auf X »bösartige, arrogante Versager« genannt und wurde daraufhin zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt. DW sprach mit dem 61-Jährigen | INTERVIEW von Klaus Müller

Von Klaus Müller

DW: Herr Roscher, Sie sind sehr aktiv in den sozialen Medien, wo Sie mit Ihrer politischen Meinung nicht hinterm Berg halten. Im August 2022 haben Sie auf X das Heizungsgesetz kritisiert und Habeck, Scholz und Baerbock als »bösartige, arrogante Versager« bezeichnet, weshalb Sie 2023 nach dem Majestätsbeleidigungsparagrafen 188 StGB zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt wurden. Wie sehen Sie Ihren Fall aus heutiger Sicht?

Markus Roscher: Rein rechtlich betrachtet halte ich meine Formulierung nach wie vor nicht für eine Beleidigung. Mein Statement hatte einen Sachbezug: Ich habe allgemein kritisiert, dass die Regierung offenbar zu dumm ist, vernünftige Gesetze zu erlassen.

DW: Sie haben die Geldstrafe damals akzeptiert. Warum? 

M.R.: Es war ein Strafbefehlsverfahren. Ich habe innerhalb von 14 Tagen Einspruch eingelegt. Normalerweise wäre es daraufhin zu einer Strafverhandlung gekommen. Nachdem ich Akteneinsicht genommen sowie mit Staatanwaltschaft und Richterin gesprochen hatte, gelangte ich zur Feststellung, dass sie nicht verhandlungsbereit sind und ein Exempel an mir statuieren wollten. Ich war zum Abschuss freigegeben. Schließlich bin ich bereits seit 2009 bei Twitter beziehungsweise X aktiv, habe über 43.000 Follower, weshalb man mich schon seit Jahren im Visier hatte. Wäre es zu einer Verhandlung gekommen, wäre die Strafe deutlich höher ausgefallen. Man muss bedenken: Meine Strafe, 60 Tagessätze à 50 Euro, basierte auf ein Monatseinkommen von nur 1.500 Euro. In einem Verfahren hätte ich meinen Steuerbescheid vorlegen müssen, weshalb die Strafe dann wahrscheinlich fünfstellig ausgefallen wäre.


»EINE SCHANDE FÜR UNSER LAND«


DW: Von der zunehmend eingeschränkten Meinungs- und Redefreiheit im »besten Deutschland aller Zeiten« sind nur diejenigen nicht betroffen, die keine eigene Meinung haben. 

M.R.: Das Ziel ist, Regierungskritiker und Andersdenkende mundtot zu machen und das wird von Politik und Justiz eisern durchgezogen. Wir haben inzwischen eine Stimmung in Deutschland, die mich an die Demagogenverfolgung im 19. Jahrhundert erinnert. Inzwischen geht es soweit, dass man sogar für ausgesprochene Wahrheiten verurteilt wird. 

DW: Etwa für den Fakt, dass es nur zwei Geschlechter gibt. 

M.R.: Ja, oder dafür, dass man einen Menschen mit Vagina als Frau und einen mit Penis als Mann bezeichnet. Orwell hätte in diesen Zeiten seine helle Freude. Es ist gut und richtig, dass es unter Strafe steht, wenn man jemanden ohne Sachbezug einfach nur verächtlich machen will. Aber dass Politiker, die Kritik aushalten und nach völlig anderen Maßstäben beurteilt werden müssen, es nötig haben, für sich einen Sonderparagrafen zu schaffen, ist ein Skandal. Dieser Paragraf, den es seit April 2021 gibt, ist eine Schande für unser Land und meiner Meinung nach verfassungswidrig, zumal er den nicht überprüfbaren Zusatz enthält, dass Beleidigungen geeignet seien, Politiker in ihrem Handeln zu beeinträchtigen. Das halte ich für groben Unfug. Aber solange es diesen Paragrafen gibt, wird man schon bei harmlosen Äußerungen damit rechnen müssen, verurteilt zu werden. 

DW: Bei Ihnen soll sogar ein Berufsverbot seitens der Rechtsanwaltskammer im Raum gestanden haben. 

M.R.: Unser Standesrecht sieht vor, dass man seine Zulassung verliert, wenn man wegen bestimmter Delikte verurteilt wird. Man prüfte disziplinarrechtliche Schritte gegen mich, das Verfahren wurde jedoch eingestellt. In vertraulichen Hintergrundgesprächen wurde mir aber klar gemacht, dass ich im Wiederholungsfalle mit ernsthaften Konsequenzen bis hin zu einem Berufsverbot zu rechnen hätte. Deshalb bin ich nach inzwischen 50.000 teilweise knallharten Tweets, bei denen ich die roten Linien dennoch stets im Blick hatte, nun vorsichtiger geworden. Trotzdem werde ich mich nicht davon abhalten lassen, mich auch weiterhin pointiert zu äußern.

DW: Am 15 Februar 2025 erklärten Sie auf X, dass man Ihnen wegen »Unzuverlässigkeit« den kleinen Waffenschein entziehen wollte. Diesen hatten Sie einst beantragt, weil Sie als Strafverteidiger in einem Mordprozess nach eigener Aussage Morddrohungen erhielten und sich deshalb schützen wollten. Wie ist der Stand der Dinge in dieser Angelegenheit? 

M.R.: Der Vorgang ist noch in Bearbeitung. Ich muss zur Ehrenrettung der Polizei sagen, dass es leider im Gesetz steht, dass wenn jemand zu 60 Tagessätzen verurteilt wurde, er auf seine Zuverlässigkeit hin zu überprüfen ist. Sie wollten mir den Waffenschein aber sofort abnehmen. Ein Unding! Sollte man mir diesen entziehen, werde ich mich auf jeden Fall mit allen Mitteln dagegen wehren.


»MANCHES IST SCHLIMMER, ALS ORWELL UNS PROPHEZEITE«


DW: Sie waren auch scharfer Kritiker der Corona-Maßnahmen und zeigten sich schockiert über den »Kadaver-Gehorsam« vieler Menschen damals. Rechnen Sie noch mit einer politischen Aufarbeitung? 

M.R.: Nein, wir haben eine unfassbar mächtige Pharmaindustrie und Politiker, die sich gerne bestechen lassen. Das wird sich leider so schnell nicht ändern. 

DW: Wo sind wir angekommen im Deutschland 2025? 

M.R.: Manches ist schlimmer, als Orwell uns einst prophezeite. Wir gehen auf einen Staat zu, der die totale Kontrolle anstrebt. Mich würde nicht wundern, wenn eines Tages nicht nur das Bargeld abgeschafft wird, sondern die Menschen auch noch gechipt werden. 

DW: Sie sind Fachanwalt für Erbrecht. Welche Tipps würden Sie als Rechtsexperte den aufgewachten Bürgern im Land mit auf den Weg geben? 

M.R.: Ich hätte einige Tipps, die ich aber öffentlich nicht äußern darf – bis auf einen: Verjubelt Euer Geld, macht tolle Urlaube auf Kreuzfahrt-Schiffen, mietet die teuersten Hotels, genießt Euer Leben, aber lasst am Ende nichts für diesen gierigen Moloch-Staat übrig! Denn was der mit dem Geld anstellt, ist alles andere als sinnvoll. 

DW: Herr Roscher, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Bildquelle: Markus Roscher




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 205 am 28. Feb. 2025




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