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Interview

Gespräch mit dem neuen DW-Herausgeber Professor Rudolph Bauer über Krisen, Faschisierung und Demokratie

Für eine demokratische Zukunft

Von Hendrik Sodenkamp

DW: Herr Bauer, Sie sind in der Demokratiebewegung weitläufig bekannt. Könnten Sie sich dennoch kurz vorstellen?

Rudolph Bauer: Also, ein langes Leben in drei Sätzen...?

DW: Versuchen Sie, es stichpunktartig zu skizzieren.

R.B.: Ich habe eine wissenschaftliche Laufbahn hinter mir: Studium der Philosophie, der Politik- und der Sozialwissenschaften, Vertretungsprofessur in Gießen, Assistenz- und Lebenszeitprofessor in Bremen, ein Jahr lang an der Fremdsprachen- Universität in Peking, als Fellow an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore in den USA. In Bremen lehrte und forschte ich im Bereich Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen.

DW: Neben ihrem akademischen Beruf brachten Sie sich aber auch politisch ein.

R.B.: Politikwissenschaft und politisches Interesse oder Engagement ergänzen sich bei mir -– eine Art Symbiose. Unter anderem war ich aktiv beim Bundesverband Deutsch-Israelischer Studiengruppen, Mitglied im SDS Frankfurt am Main, in Bremen an der neu gegründeten Uni gewählter Vertreter der Demokratischen Liste, Mitglied mehrerer Wissenschaftlicher Gesellschaften, Mitglied des sogenannten Wissenschaftlichen Beirats von Attac – bis zu meinem Hinauswurf, der 2020 nicht zuletzt deshalb erfolgte, weil ich öffentlich gegen die undemokratischen Corona-Maßnahmen aufgetreten bin.

DW: Und was ist eventuell sonst noch interessant an der Person Rudolph Bauer?

R.B.: Mein politisches Engagement hat neben der wissenschaftlichen auch eine journalistische und eine künstlerische Dimension. Als Jugendlicher war ich freier Mitarbeiter und Volontär lokaler Blätter, später in Frankfurt am Main Redakteur der Studentenzeitung Diskus und der Sozialistischen Korrespondenz. Manche kennen mich auch als Lyriker und Bildmonteur.

DW: Wie sind Sie zu der Überzeugung gekommen, dass die Corona-Story nicht stimmen kann, und dass die Maßnahmen der Regierungen und Konzerne alles Mögliche sind, nur kein Gesundheitsschutzprogramm?

R.B.: Die Gegenstandsbereiche meines wissenschaftlichen Arbeitens waren stets angereichert durch ein Studium der Geschichte, insbesondere der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Die nie so recht beantwortete Frage meiner Generation, also der während der NS-Zeit Geborenen, wie es möglich war, dass unsere Eltern auf den Hitlerismus und das Nazi-Regime – sagen wir mal – hereingefallen sind, fand Anfang 2020 und in der Folgezeit eine durchaus überzeugende Antwort: Ich war und bin der Auffassung, dass die politisch und medial inszenierte, autoritätsgläubig-hysterische Massenreaktion angesichts der Hygienepanik 2020 große Ähnlichkeiten aufweist mit der sozialen, ökonomischen und politischen Krisenpanik Ende der zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jahre. Auch damals waren die kollektive Hysterie und ihre politische Instrumentalisierung nicht nur ein auf Deutschland beschränktes deutsches Phänomen, sondern – wie die Corona-Pandemie auch – eine weltweit zu beobachtende Erscheinung.

DW: Sie kamen also aus einem antifaschistischen Impuls zum Widerstand?

R.B.: Genauer gesagt: Aufgrund von Erkenntnissen, was die strukturellen Elemente des Nazi-Regimes betrifft, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass wir es mit auffallenden Parallelen zu tun haben, die jeden Gegner des Faschismus herausfordern. Die Parallelen zum historischen Faschismus und seiner Genese, die sich mir angesichts der Corona-Maßnahmen aufgedrängt haben, sprechen für sich: Erstens: Krisen damals, Krisen heute; als ein Stichwort für die Gegenwart: die Finanz- und Bankenkrise 2008 und aktuell.

DW: Wer »erstens« sagt, sagt in der Regel auch...

R.B.: …zweitens: Die irrationale, pseudowissenschaftlich propagierte Volkskörper- Ideologie. Damals der durch angeblich schwachsinnige und minderwertige Personen bedrohte arische, rassegesunde Volkskörper; unter Corona ein Volkskörper- Gebilde aus Vulnerablen, Maskenträgern, Geimpften und Geboosterten einerseits – und sogenannten Coronaleugnern, Aluhut-Trägern, Schwurblern, Impfververweigerern, Völkischen, Rechten und was da noch alles aufgeführt wurde, andererseits. Eine Zwischenbemerkung, wenn Sie erlauben?

DW: Nur zu!

R.B.: Indem die Kritiker heute pauschal als Rechte und Nazis öffentlich diffamiert werden, kommen schlichte Gemüter, aber auch intelligente Zeitgenossen in der Regel nicht auf den Gedanken, dass es sich um Nazi- Methoden und die Wiederkehr faschistischer Strukturen handelt. Ihr Bild vom Nationalsozialismus ist vorgestanzt: Hitlerbärtchen, Parteiuniformen, Aufmärsche, HJ und BdM, Judenverfolgung, Zwangsarbeit – das findet man heute in dieser Form nicht oder noch nicht. Und man schließt daraus: Keine Gefahr! Ein Trick, eine Täuschung. Die Methode »Haltet den Dieb«!

DW: Erkennen Sie noch weitere Parallelen?

R.B.: Ja, drittens die brutalen Einsätze der Polizei, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen, Untersuchungsgefängnis, Überwachung. Ferner Entlassungen, Auftrittsverbote, Rufschädigung und so weiter. Viertens: Damals der Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik, heute die sogenannten Experten der Leibniz- Institute, des Ethikrats und des Robert- Koch-Instituts. Mitarbeiter des letzteren haben in der NS-Zeit in den Konzentrationslagern Menschenversuche durchgeführt. Wer da nicht hellhörig wird, kennt die Geschichte nicht und auch nicht die eugenischen Absichten eines Bill Gates. Auch zwischen Big Pharma heute und der I. G. Farben im Dritten Reich wird aus Unkenntnis kein Zusammenhang gesehen. Fünftens: Auf der Ebene der Kirchen und Gewerkschaften, der Sportverbände und Vereine, der Hochschulen und Medien können wir heute dieselbe einheitliche Ausrichtung wie damals beobachten.

Bei den Medien erfolgte ab 1933 die Gleichschaltung unter einem Reichspropaganda-Ministerium. Seit 2020 erlebten wir auf ähnliche Weise einen öffentlich-rechtlich angeführten Mainstream unter Göbbels-Nachfolgern wie Lauterbach, Drosten und Wieler. Wie sich die Universitäten verhalten, zeigen die Beispiele der Kollegin Guérot in Köln und des Kollegen Meyen in München.

DW: Jetzt haben wir schon eine Handvoll Beispiele für Parallelen zwischen dem Corona-Regime und der Geschichte.

R.B.: Nehmen wir noch sechstens hinzu, die akute Gegenwart betreffend: Deutsche Bomber- und Erdkampf-Flugzeuge griffen damals zur Unterstützung des faschistischen Franco-Regimes die Stadt Guernica im spanischen Baskenland an. Heute überlässt Deutschland der Ukraine Waffen, Kampfpanzer, schwere Artillerie und – auf dem Weg über Polen – Kampfjets, wobei der faschistische Bandera-Kult in der Ukraine und die Rolle der faschistischen Asow-Batallione verschwiegen beziehungsweise per sogenanntem Faktencheck geleugnet werden.

DW: Der Journalistik-Professor Michael Meyen wurde prompt verleumdet und verfolgt, weil er Mit-Herausgeber des Demokratischen Widerstands wurde. Der Bayerische CSUStaatsminister für Wissenschaft und Forschung wollte ihn feuern lassen. Meyens Arbeitgeber, die LMU, hetzte ihm – einem Professor ! – den Geheimdienst auf den Hals. Warum unterstützen Sie trotz dieses Risikos den Demokratischen Widerstand als Mitherausgeber?

R.B.: Ihre Frage könnte man fast so verstehen, dass Sie mir empfehlen, meine Entscheidung zur Mitherausgeberschaft zu überdenken und gegebenenfalls zu revidieren. Oder? (Lacht.)

DW: Das nicht! Uns interessiert tatsächlich Ihre Motivation.

R.B.: Natürlich bin ich nicht darauf erpicht, verleumdet und verfolgt zu werden. Ich weiß, diese Gefahr besteht. Hass, Verleumdung, Denunziantentum und Rufmorde stehen hoch im Kurs. Der Zwang zur Unterwerfung, und die Unerbittlichkeit, jeden Widerstand zu brechen, sind groß in Mode. Meine Feststellung, dass es Parallelen zum historischen Faschismus gibt, ist keine akademische Pirouette. Ich bin mir wohl bewusst, dass ich mich angreifbar mache – und zwar nicht intellektuell angreifbar, nicht argumentativ angreifbar, sondern existenziell angreifbar.

Solches droht aber nicht nur mir. Es droht allen, die sich nicht einreihen und die das demokratische Gebot zum Widerspruch ernst nehmen, die noch einen Rest von Selbständigkeit im Denken und im Handeln für sich – und letztlich für uns alle! – in Anspruch nehmen. Um diese Bedrohungen abzuwenden, stehe ich auf der Seite des Demokratischen Widerstands. Ich finde es wichtig, dass es in Deutschland – neben einer Reihe anderer alternativer Organe – eine entsprechende oppositionelle Printzeitung gibt. Wir sind viele, wir sind stark, und immerhin haben wir – im Verbund mit den Gleichgesinnten in vielen anderen Ländern – im Fall von Corona den faschistischen Durchmarsch gebremst. Aber, es ist noch kein Ende.

DW: Die Lüge ist noch nicht allgemein als Lüge anerkannt, immer noch wird gespritzt und der verordnete Krieg geht weiter.

R.B.: Wer Demokratie nicht nur als formale Struktur betrachtet, sondern wer sie vor allem als Voraussetzung begreift für sozialen Wandel und Dynamik, als Bedingung für politische und ökonomische Veränderungen, und wer sich für die kulturelle, die humanistische und geistig-spirituelle Höherentwicklung der Menschen – der Menschheit! – einsetzt, der sollte sich entsprechend seiner Möglichkeiten einbringen.

DW: Herr Professor Bauer, wir danken Ihnen für das Gespräch!


Die Fragen stellte Hendrik Sodenkamp.




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 130 am 21. Apr. 2023




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