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Die rhetorischen Tricks der Kriegstreiber

An ihrer Sprache werdet Ihr sie erkennen

Von Prof. Dr. jur. Martin Schwab

Wer auch immer in den vergangenen Monaten die Militärdoktrin der Westmächte im Ukraine-Krieg in Frage gestellt hat, wurde böse angefeindet. Dabei fällt auf, dass jede inhaltliche Auseinandersetzung mit den Kritikern jener Doktrin zielgerichtet vermieden wird.


Besonders prominente Opfer der Medienhetze sind Gabriele Krone-Schmalz, Daniele Ganser und Ulrike Guérot. Krone-Schmalz hatte am 14. Oktober 2022 an der Volkshochschule in Reutlingen einen Vortrag gehalten, in dem sie von Fehlern des Westens im Umgang mit Russland sprach und sich für Geheimdiplomatie zur Konfliktlösung einsetzte. Auf t-online vom 31. Oktober 2022 und vom 31 November 2022 wurde dieser Vortrag verrissen.

Ganser, der momentan in Deutschland auf Vortragsreise weilt, wurde auf t-online vom 10. Februar 2023 als »Verschwörungsunternehmer« apostrophiert. Und zu Guérot heißt es auf t-online vom 2. November 2022: »Man kann Guérot nicht mehr auf Studierende loslassen«.

Aber auch die Teilnehmer der Friedensdemonstrationen bekommen ihr Fett weg: Diese »Querfront« (diesen Ausdruck kennen wir schon aus der Coronazeit) verlange, so der Spiegel vom 22. Februar 2023, von der Ukraine, »sich mit ihren Mördern und Vergewaltigern zu arrangieren«.

Harter Tobak. Aber leider finden wir in diesen Artikeln die gleichen Propaganda-Tricks wieder, die wir schon aus der Corona-Zeit kennen:

Trick 1: »Die haben doch keine Ahnung, hört lieber auf die ›richtigen‹ Experten!«.

Sowohl Ganser als auch Krone-Schmalz wird entgegengehalten, sie veröffentlichten nicht in qualitätsgesicherten wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Krone-Schmalz sei schon lange nicht mehr als Journalistin in Russland aktiv, und ihre Dissertation sei dünn und werde »nirgends zitiert«. Ganser und Krone-Schmalz seien »manipulativ«. Krone-Schmalz präsentiere eine »Maske der inszenierten Professionalität und Seriosität«.

Guérot wird sogar unterstellt, sie verdanke ihre Berufung an die Universität Bonn ihrer Reichweite in den sozialen Medien und flachen, jedoch gut verkauften Büchern. So etwas Lächerliches kann nur behaupten, wer noch

nie in einer akademischen Berufungskommission gesessen ist. Die Experten, an die sich t-online gewendet hat, nämlich Klaus Gestwa und Franziska Davies, hätten die Chance gehabt, dem Leserpublikum mithilfe klarer Fakten und solider Quellen zu erläutern, wie der Ukraine-Konflikt aus ihrer Sicht einzuordnen ist. Davon findet man allerdings in den t-online-Beiträgen nichts. Gestwa setzt Krone-Schmalz nur gegenteilige Behauptungen entgegen, die er aber durchweg nicht belegt. Und wie geht Gestwa damit um, dass NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg laut Berliner Zeitung vom 10. Februar 2023 geäußert hatte, der Krieg in der Ukraine habe bereits 2014 begonnen?

Trick 2: »Die sind gefährlich«.

Daniele Ganser sei dies gerade deshalb, weil er sich so unaufgeregt und sachlich gebe. Dieses Muster kennen wir auch schon von Corona: Wolfgang Wodarg verbreite »gefährliche Verschwörungstheorien« (taz vom 19. März 2020). Und der Tagesspiegel schrieb am 29.Mai 2020 über Stefan Homburg: »Er nennt solide Zahlen und zieht Schlüsse, die nur schwer zu widerlegen sind – und gerade das macht ihn so gefährlich.« Aber für wen eigentlich gefährlich? t-online vom 10.Februar 2023 zitiert den bayerischen Antisemitismusbeauftragten Ludwig Spaenle: »Verschwörungsideologen (wie angeblich Ganser) verfolgen nur das eine Ziel, die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich die Demokratie zu zerstören«. Wie bitte? Wer anderer Meinung ist als die Regierung und das auch noch öffentlich sagt, gefährdet die Demokratie? Schon mal was davon gehört, dass Demokratie vom Dissens lebt?

Trick 3: »Mit denen darf man gar nicht

erst reden«.

Franziska Davies und Klaus Gestwa hatten versucht, den Volkshochschul-Vortrag von Krone Schmalz zu verhindern. Davies äußerte zudem, sie würde sich nie mit Krone-Schmalz auf ein Podium setzen, »weil man sie damit als ernstzunehmende Position legitimieren würde«. Gestwa setzt noch einen drauf: Die Verwendung des Begriffs Cancel Culture sei »oftmals das Wutgeheul derjenigen, die für ihren offensichtlichen Unsinn öffentliche Kritik ernten.«

Eine typische Reaktion von Menschen, die für ihre Meinung zwar keine Argumente, aber Angst haben, dass eine abweichende Meinung (für die es vielleicht tatsächlich Argumente gibt?) sich durchsetzen könnte. Und zugleich ein Zeichen von Überheblichkeit: Mit welchem Recht bestimmt Gestwa, was »offensichtlicher Unsinn« ist?

Der perfideste aller Propaganda-Tricks besteht darin, jene, die sich gegen Waffenlieferungen und Wirtschaftssanktionen und für eine Verhandlungslösung aussprechen, als »Putin-Versteher« zu framen – als Verbündete eines potentiellen Kriegsgegners und damit als Landesverräter. Wer verhandeln will, muss verstehen, warum der Kontrahent so handelt, wie er handelt. Das bedeutet noch lange nicht, das Handeln des Kontrahenten gutzuheißen. Die Befürworter einer Verhandlungslösung wollen doch gerade, dass Mord und Vergewaltigung in der Ukraine aufhören!

Wer die Russen mithilfe von Kriegshandlungen aus dem Donbass vertreiben will, muss die Frage beantworten, die Juli Zeh im NDR-Interview vom 2. Juli 2022 zu Recht stelte: »Ist es denn wirklich wahrscheinlich, dass man Russland militärisch so besiegen kann, dass am Ende die Ukraine in ihren alten Grenzen wieder zum Bestehen kommt?«




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 127 am 31. März 2023




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