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Wer stoppt Macron?

Nach den kommenden Parlamentswahlen will ein linkes Bündnis dem wiedergewählten Präsidenten Macron das Regieren schwer machen. | Von Hermann Ploppa

Von Hermann Ploppa

Der politische Meister-Intrigant Emmanuel Macron hat es wieder geschafft. Er ist für weitere fünf Jahre Präsident von 65 Millionen Franzosen geworden. Was für ein Programm Macron vertritt, ist nicht offenbar. Denn der gewiefte Profi-Politiker stand in der Stichwahl einer Herausforderin gegenüber, die die meisten wahlberechtigten Franzosen nun partout nicht vor die Nase gesetzt bekommen wollten. Es gab keine echte Alternative bei diesem Finish.


Von Macron weiß man nur, dass er das Renteneintrittsalter von 62 auf 65 Jahre heraufsetzen will. Und dass er wohl die gesetzlichen Krankenkassen »umstrukturieren« möchte. Ansonsten weiß man aus der Vergangenheit, dass Macronseine konsequent umgesetzte Umverteilung von unten nach oben durch Steuererleichterungen für die Reichen konsequent weiterführen wird. Erklären musste er das nicht. Denn das Programm seiner Herausforderin Marine Le Pen war schon Horror genug: Sie wollte Atomkraftwerke weiter ausbauen, fossile Energie befördern und alle Windkrafträder wieder einstampfen. Die Migranten sollten weniger Sozialhilfe bekommen. Und die Mehrwertsteuer sollte von 20 auf 5,5 Prozent gesenkt werden. Bei unbedingt lebensnotwendigen Artikeln sollte die Mehrwertsteuer komplett entfallen. Also ein klares marktradikales Programm, geeignet, den Nationalstaat komplett zu
liquidieren und das verbliebene insolvente Gemeingut in die Hände der Globalkonzerne zu überführen.

Pest oder Cholera. Das war ein abgekartetes Spiel. Wäre der linke Kandidat Jean Luc Mélenchon in die Finalrunde gekommen, hätten die Franzosen eine echte Richtungswahl gehabt. Mélenchon war lange Zeit Funktionär der  Sozialistischen Partei Frankreichs (PS), die unserer deutschen SPD nicht unähnlich ist. Die PS hatte immerhin mit Francois Mitterand und Francois Hollande zwei Präsidenten hervorgebracht. Doch Mélenchon stieg aus, weil ihm die PS zu rechts geworden war. Er gründete nach diversen Zwischenstationen die linke Sammlungspartei »La France Insoumise«, auf Deutsch etwa: »unbeugsames Frankreich«. Dieser Name hat zunächst einmal für unsere Nasen einen rechtspopulistischen Stallgeruch.


NATION VERSUS
GLOBALKAPITALISMUS


Doch in Zeiten, in denen die Nationalstaaten als legitime Körperschaften des demokratischen Gemeinwillens massiv unter Beschuss der Globalkonzerne und –banken geraten sind, ist das längst eine genuin linke Forderung, den Nationalstaat gegen den globalistischen Übergriff in Schutz zu nehmen. Mélenchon kandidierte bereits im Jahre 2017 für das Präsidentenamt, wurde damals nur Vierter mit knapp unter 20 Prozent der abgegebenen Stimmen. 2022 wurde Mélenchon bereits Dritter und verfehlte mit 22 Prozent nur knapp das Finale gegen Le Pen mit 23,15 Prozent.

Im Gegensatz zu Le Pen hat Mélenchon eine klare Strategie gegen das supranationale Machtkartell aus Konzernen und der nicht demokratisch legitimierten Europäischem Union. Dieses Kartell hatte 1997 den Stabilitäts- und Wachstumspakt auf den Weg gebracht: Die Staaten der EU dürften demzufolge ein Defizit von drei Prozent im Staatshaushalt nicht überschreiten und sich nicht höher als mit 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden. Mit dieser Vorgabe wurde grundsätzlich jedes Sozialprogramm in der EU abgewürgt – während wir sehen, dass jetzt in Zeiten von Corona und Kriegsvorbereitung diese Grenzmarkierungen großräumig ignoriert werden. Frankreich hat jetzt unter Macron eine Staatsverschuldungsquote von 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht.

Mélenchon möchte zudem den gesetzlichen Mindestlohn auf 1.400 Euro festsetzen. Die Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden zu senken (bislang in Frankreich »nur« bei 35 Stunden) wie auch den Jahresurlaub um eine Woche auf sechs Wochen zu verlängern gehört zu Mélenchons Programm. Nach 40 Erwerbsjahren sollen die Mitarbeiter grundsätzlich in Rente gehen können. Der Staat soll als Vertreter des Gemeinwohls erheblich gestärkt werden. Das betrifft die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien genauso wie die Neueinstellung von 200.000 Beamten. Progressive Einkommensteuer: Je mehr jemand verdient, desto mehr muss er Steuern zahlen.

Macron hatte die Vermögensteuer komplett abgeschafft. Mélenchon will nun die Vermögensteuer auf einem erheblich höheren Niveau als zuvor wieder in Kraft setzen. Dafür sollen die Unternehmenssteuern gesenkt werden, wovon der gewerbliche Mittelstand profitiert. Die Atomkraftwerke sollen abgeschaltet und stattdessen zu 100 Prozent Erneuerbare Energie genutzt werden. Es gilt die »Grüne Regel«: Der Natur wird nichts ersatzlos entnommen. Außenpolitisch folgt Mélenchon dem früheren Präsidenten de Gaulle mit der Politik der Blockfreiheit: Austritt aus Nato und Europäischer Union. Die verbliebenen französischen Kolonien im Karibikraum sollen in die vom venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez gegründete Bolivianische Allianz für Amerika entlassen werden. Und Mélenchon führte jetzt gerade einen sehr modernen Präsidentschaftswahlkampf. In Marseille konnte er 35.000 Menschen mobilisieren. In einer Hologramm-Performance trat Mélenchon in mehreren Städten gleichzeitig auf. Sein Programm trägt den Titel »Eine andere Welt ist möglich«.


STEHT EIN LINKER
AUFBRUCH BEVOR?


Und jetzt stehen die Parlamentswahlen am 12. Juni an. Bei der Wahl zur französischen Nationalversammlung sind 577 Parlamentssitze neu zu vergeben. Das geschieht nach dem Mehrheitswahlrecht. Das heißt: Nur der kommt ins Parlament, der in einem Wahlkreis die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann. Da geraten kleinere Parteien unter die Räder. Deshalb hat Mélenchon ein Wahlbündnis mit anderen linken Parteien geschmiedet. Zu den unbeugsamen Franzosen des Mélenchon kommen die Grünen, die in Frankreich wesentlich weiter links und antiEstablishment eingestellt sind als in Deutschland. Die kläglichen Reste der Kommunistischen Partei wollen ebenfalls dem Bündnis beitreten. Die Sozialistische Partei ziert sich noch.

Es ist auch schwer zu ertragen für die französischen Sozialdemokraten, dass ihr Aussteiger Mélenchon jetzt so stark dasteht, während die sozialistische Kandidatin bei der Präsidentenwahl gerade einmal auf klägliche 1,7 Prozent gekommen ist. Und selbstverständlich haben ehemals bedeutende Sozialisten wie Ex-Präsident François Hollande bereits angedeutet, dass sie die EU-kritischen Positionen Mélenchons keinesfalls mittragen werden. Ob die inneren Spannungen der zur Splitterpartei geschrumpften PS noch irgendjemanden interessieren, ist allerdings fraglich. Würde Mélenchons Wahlbündnis tatsächlich stärkste Fraktion in der Nationalversammlung, dann müsste nach altem Brauch der Präsident den Chef der stärksten Fraktion zu seinem Premierminister ernennen. Es käme zur so genannten Cohabitation. Das wäre nichts Neues in Frankreich. Denn der frühere sozialistische Präsident Mitterand musste in seiner Amtszeit sich zweimal mit einem bürgerlich-konservativen Regierungschef die Macht teilen; der bürgerlich-konservative Präsident Jaques Chirac wiederum musste sich mit einem sozialistischen Regierungschef arrangieren.

Es ist also noch nicht alles verloren für die Linke in Frankreich. Allerdings: Ein öko-sozialer Umbruch sowie die längst fällige Reform der Infrastruktur des Landes sähen anders aus. Der extreme Zentralismus auf wenige Knotenpunkte wie Paris, Toulouse oder Marseille ist auf die Dauer nicht durchzuhalten. Der überall sichtbare Niedergang des gewerblichen Mittelstands erfordert weitaus radikalere Kurskorrekturen als es eine Symbiose von Macron und Mélenchon hergeben würde.


Hermann Ploppa ist Buchautor und Chef des Wirtschaftsressorts dieser Zeitung.




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 90 am 13. Mai 2022




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