Wer kennt das nicht? Der Computer hat sich mal wieder festgefressen. Nichts geht mehr, die Buchstaben spielen verrückt, oder der Rechner hat sich einfach »aufgehängt«. Ganz ruhig. Da gibt es ja die Reset-Taste. Wir fahren den Rechner ganz runter. Wenn er nicht will, erzwingen wir den Gang auf Null. Dann fahren wir ihn wieder hoch. Und siehe da: meistens ist nun alles wieder gut!
Ja, auch unsere Welt hat sich aufgehängt. Oder: sie wird mutwillig aufgehängt. Wir können zugucken, wie
immer neue Kriege und Konflikte
aufgemacht werden. Wie Armut und
Hunger immer weiter zunehmen. Keine Sorge, sagt der Meisterdenker des
berühmten World Economic Forum,
Klaus Schwab. Jedes Jahr im Februar lädt Schwab in Davos zum großen
Weltwirtschaftsgipfel der Reichen,
Mächtigen und Klugen. Zum Stelldichein der Welt-Eliten.
Und in einer Presseerklärung vom
3. Juni sagt Klaus Schwab: die Umbrüche und Verwerfungen durch die
Corona-Pandemie sind doch eine prima Gelegenheit, die ganze Welt mal
eben runterzufahren und mit einer
völlig neuen Software aufgeladen wieder hochzufahren. Er lädt die Eliten
dieser Welt zum großen Reset. Wir
müssen ganz neu nachdenken, alles
neu programmieren. Deshalb sollen
beim nächsten Treffen in Davos 2021
neben den Reichen und Mächtigen
auch Tausende von Teilnehmern aus
allen Ecken des Globus über Skype
oder Zoom teilnehmen. Niemand soll
zurückbleiben. Niemand soll in Zukunft hungern oder wegen Armut ausgeschlossen sein. Alle werden dann
gesund und wohlhabend. Auch eine
UNO-Resolution Agenda 2030 verkündete im Jahr 2015 genau diese frohe Botschaft.
Ist doch cool, oder? Allein, mir fehlt
der Glaube.
Es hat uns nämlich gerade das Milieu
um Klaus Schwab und sein World
Economic Forum in diese elende Lage
gebracht, woraus das Herunterfahren
uns wie ein Wunder erlösen soll. Die
Politik des Marktradikalismus, die
so eifrig in Davos gepredigt wurde,
hat eine Verarmung des öffentlichen
Sektors hervorgebracht, die in der
Geschichte ohne Beispiel ist. Immer
heftigere Steuerflucht hat eine neue
Spezies von Superreichen geschaffen,
die sich jetzt als große Wohltäter der
Menschheit aufspielen.
Staatschefs buckeln vor Gates und
seinen feudalen Artgenossen um ein
paar Brosamen vom Tische der hohen Herren. Politik wird bei uns nicht
mehr von Politikern gemacht, sondern von steuerflüchtigen Stiftungen, wie in Deutschland vor allem die
Bertelsmann-Stiftung. Die Stiftungen
und Runden Tische rekrutieren die
Leithammel für Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft. So nimmt es
nicht wunder, wenn in den Chefetagen die Welt nur noch durch die Brille
der Superreichen gesehen wird.
Und jetzt erweist sich die Corona-Pandemie als supergenialer Katalysator, um die Schere zwischen Arm
und Reich weiter aufzureißen. Während der gewerbliche Mittelstand
durch den Lockdown zum passiven
Betrachten seines eigenen Untergangs
verurteilt ist, triumphieren die großen
Online-Dienstleister.
Jeff Bezos, der Eigentümer von Amazon, hat während des Lockdowns sein
Privatvermögen um schlappe 25 Milliarden US-Dollar vergrößern können.
Mister Tesla Elon Musk wurde um 8
Milliarden Dollar reicher, und Eric
Yuan, der Erfinder des Online-Konferenzformates Zoom, konnte um 2.58
Milliarden in einem Monat zulegen.
1990 verfügten 66 Milliardäre zusammen über 240 Milliarden Dollar.
Heute besitzen 614 Milliardäre in den
USA ein Vermögen von 2.947 Billionen Dollar. Sie besitzen damit in etwa
so viel wie die unteren zwei Drittel der
US-Bevölkerung.
AMERIKANISCHE VERELENDUNGSPOLITIK
So kommt es, dass heute über 60%
der US-Bevölkerung nicht genug Geld
gespart haben, um auch nur drei Monate über die Runden zu kommen.
Und wir wollen nicht vergessen, dass
der Staat der USA im letzten Jahr so
verarmt wurde, dass die Staatsbeamten in einen mehrwöchigen unbezahlten Zwangsurlaub geschickt wurden.
Das war der Shutdown. Nun also der
Lockdown, mit über zwanzig Millionen neu geschaffenen Arbeitslosen,
die sich nach drei Monaten schon völlig blank auf der Straße wiederfinden
werden.
Und im Gegensatz zur Großen Depression von 1929 kann diesmal kein Präsident wie Franklin Delano Roosevelt
massiv Staatsgelder in Umlauf bringen, um die Menschen wieder in Lohn
und Brot zu bringen. Diesmal hat der
Staat keine Mittel mehr zur Verfügung. Die USA rasen ins Chaos und in
die Pleite. Die momentanen Unruhen
in Übersee sind die direkte Antwort
auf diese geplante Verelendungspolitik, die durch den Corona-Schock ihre
katastrophische Vollendung findet.
In dieser Situation wollen die Superreichen uns nun also herrlichen Zeiten
entgegenführen. Sind die nur verrückt
und völlig abgehoben? Naja, das Sein
bestimmt das Bewusstsein, sagte Karl
Marx. Und von der Reling einer Luxusyacht auf das türkisblaue Meer geschaut sieht ja alles ganz relaxed aus.
Superreiche sehen eben nur das, was sie sehen wollen. Und sie sagen sich: wenn ich in meinem Leben ein Riesenimperium aufbauen konnte, dann kann ich auch mal eben die Probleme der Menschheit lösen. Und so lässt Bill Gates mit seiner Melinda die ganze Welt impfen. Die Malaria beseitigt er im Handstreich mit der Genmanipulation der Mücken, auf denen dann kein Krankheitserreger mehr mitreisen kann dank der CRISPR-Methode.
WAHN DER RICHKIDS
Ozonloch? Zuviel CO2? Ach Gott, da
bringen wir mal eben in der Stratosphäre Schwefeldioxid aus, und dann
wird ein Teil der gefährlichen Sonneneinstrahlung ins All zurück geworfen.
Oder Elon Musk. Der macht sich öffentlich Sorgen, dass der Film Matrix
in nicht allzu ferner Zukunft Wirklichkeit wird. Dass die Roboter der
Künstlichen Intelligenz die Menschen
austricksen und sich zu Untertanen
machen. Also arbeiten seine Forscher
daran, das menschliche Gehirn mit einer Computerfestplatte zu verbinden.
An Mäusen hat er das schon ausprobiert.
Jetzt sollen freiwillige Probanden sich
ein superfeines Kabel implantieren
lassen, eine Art WLAN-Antenne zu
einem Rechner. So sollen die Testpersonen in Sekundenschnelle neue
Sprachen oder asiatische Kampfsportarten im Instantverfahren ins Hirn laden. Und der schwerreiche saudische
Prinz Salman lässt eine futuristische
Megacity Neom auf einer Fläche so
groß wie Mecklenburg-Vorpommern
aus dem Wüstensand stampfen. Dort
werden Roboter alle niedrigen Arbeiten verrichten. Nebenan in Ägypten
soll ebenfalls eine ganz neue Roboterstadt entstehen. Diese enormen Geldmittel einzusetzen, um vielleicht erstmal vorhandene Städte wie Kairo oder
Alexandria zu sanieren, ist den Superreichen einfach zu popelig.
All diese Planungen sind im vollen
Gange. Und all diese Planungen geschehen, ohne dass wir davon viel mitbekommen oder gar gefragt werden.
In dieser vollkommen abgehobenen
synthetischen Technowelt sind wir
nur noch Statisten oder Rollmaterial.
Die NichtOhneUns-Bewegung ist der
bescheidene Ansatz, sich dieser Plastikwelt entgegenzustellen. Synthetische Oppositionsbewegungen und
die geballte Repression eines tiefen
Staates sind die Versuche, uns aufzuhalten. Uns hinzustellen als Irre, als
Spinner.
FANATISMUS DER HERRSCHAFTSMEDIEN
Doch hinter uns steht eine lange Tradition. Denn unsere Verfassung, für
die wir uns so vehement einsetzen, ist
der Ausdruck dafür, dass wir eine solidarische Wirtschaftsordnung geerbt
haben.
Genossenschaften, öffentlich-rechtliche Wirtschaft und ein starker Mittelstand: das sind die Garanten einer
Ökonomie von den Menschen für die Menschen. Und nicht für die Profitmaximierung einiger moralfreier Individuen.
Das Rad muss in Deutschland nicht
neu erfunden werden. Wir lassen nicht
von den Superreichen unsere Solidarwirtschaft auf den Müllhaufen werfen.
Wir setzen instand, was uns unsere
Vorfahren in mühevoller Arbeit aufgebaut und hinterlassen haben.
Wir brauchen keinen Reset. Fliegt Ihr
doch mit den SpaceX-Raketen von
Elon Musk endlich zum Mars und
baut dort Eure Synthetik-Welt. Wir
bleiben hier.
Hermann Ploppa ist Buchautor, Politologe und Redaktionsmitglied dieser
Zeitung