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Im Schwitzkasten der Stagflation

Die Wirtschaft steht still, während die Geldmenge aufgebläht wird. Der Finanzkollaps ist vorprogrammiert.

Von Hermann Ploppa

Ist das eigentlich wirklich überraschend? Da schaufelt die Europäische Union mal eben aus dem Nichts 750 Milliarden Euro neu in den Wirtschaftskreislauf. Und US-Präsident Biden wird, wenn der Kongress in Washington mitspielt, etwa sechs Billionen Dollar aus dem Hut zaubern und in die kränkelnde US-Wirtschaft pusten. Mit den Programmen beiderseits des großen Teichs sollen wunderbare Infrastruktur- und Umweltprogramme angestoßen werden. Der Demokratische Widerstand wagte schon frühzeitig die Frage zu stellen, ob das nicht eine Inflation nach sich ziehen könnte. Das ging unter in der allgemeinen Euphorie.


Und jetzt haben wir den Salat. In Deutschland sprang die Inflationsrate von 2,2 Prozent im Juni auf stolze 3,8 Prozent im Juli. Da müssen wir weit zurückblicken: 1993, im dritten Jahr der deutschen Wiedervereinigung, kochte die Konjunktur und wir hatten eine Teuerungsrate von 4,3 Prozent. Und Bidens Spendierhosen führen in den Vereinigten Staaten von Amerika bereits jetzt zu einer Inflationsrate von ungeheuren 5,4 Prozent.

Früher schrien die marktradikalen Ökonomen in einer solchen Situation Zetermordio und forderten sofortige Maßnahmen zur Dämpfung der überhitzten Konjunktur. Doch schon seit einiger Zeit sehen die Wirtschaftsweisen die Inflation eher entspannt. Die Europäische Zentralbank hält eine Inflationsrate von durchschnittlich zwei Prozent sogar für erstrebenswert. Und der Staat ist auch nicht gerade unglücklich, wenn das Geld weniger wert ist. Dann sind nämlich auch seine Schulden weniger wert.


GELDENTWERTUNG TRIFFT
BESONDERS DIE ÄRMEREN


Nicht nur in den USA haben die rasant gestiegenen Energiekosten ihr Scherflein beigetragen. Zum anderen braut sich in den USA gerade eine Neuauflage der Immobilienblase zusammen, die schon im Jahre 2008 zum Kollaps an den Finanzmärkten führte. Es findet eine massenhafte Enteignung amerikanischer Hausbesitzer statt. Große Finanzhaie wie Blackrock trauen dem Geldsystem nicht mehr über den Weg. Sie kaufen massenhaft bleibende Werte, vornehmlich Immobilien im großen Stil auf und vermieten sie zu horrenden Preisen. So sind die Mietpreise in den USA um 15 Prozent angezogen.

Eine Immobilienblase nach amerikanischem Muster kann in Deutschland nicht stattfinden, da aufgrund des Zweiten Weltkriegs der Anteil der Hausbesitzer an der Gesamtbevölkerung im internationalen Vergleich sowieso schon gering ist. Die Steigerung der Mietpreise fällt mit 1,4 Prozent moderat aus. Allerdings ist der Immobilienmarkt auch in Deutschland praktisch leergefegt, und Interessenten bieten von sich aus mehr Geld für begehrte Objekte an.

In Deutschland sind aktuell die unteren Gesellschaftsschichten von der Inflation besonders betroffen. Wobei bemerkt werden muss, dass gesunde Nahrungsmittel sowieso nur noch mit Gold aufgewogen werden. Nahrungsmittel kosten aktuell 4,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Frisches Gemüse ist sogar 7,2 Prozent teurer als im Vorjahr. Für Fleisch und Wurst wird aktuell 3,2 Prozent mehr verlangt.

Daneben fällt aufmerksamen Verbrauchern auf, dass bei verpackten Lebensmitteln die Umhüllung zwar gleich groß ist wie früher, aber deutlich weniger Inhalt drin ist, wie man am Gewicht ablesen kann. Verschleierte Preiserhöhungen müssten auch mit in Rechnung gestellt werden. Wer sich zudem neue Kleider kaufen will, muss 6,2 Prozent mehr berappen. Das kann man den Textilhäusern gar nicht verübeln. Denn durch die lange Lockdown-Periode konnten die Händler ganze Kollektionen quasi in die Tonne drücken. Es ist schon zu würdigen, dass diese Geschäfte überhaupt noch einen Neustart wagen.

Auch bei uns hauen allerdings die Energiepreise mächtig ins Kontor, mit einer Teuerungsrate von sage und schreibe 11,6 Prozent. Heizöl kostet jetzt sogar 53,6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Für Benzin muss man 23,8 Prozent mehr berappen, für Diesel gar 27,5 Prozent. Wobei es politisch gewollt ist, dass die Preisdifferenz zwischen Diesel und Benzin sukzessive verringert werden soll. Ebenfalls politisch gewollt ist anscheinend die Vergrämung von Auslandsreisen. Pauschaltouristen müssen 22,1 Prozent mehr ausgeben. Nur Mobiltelefone sind jetzt um 2,9 Prozent billiger als vor einem Jahr.

Die Zeche zahlt also wieder einmal Otto Normalverbraucher. Wie kommt es zur Wiederkehr der Inflation im reichen Westen? Ganz entspannt bleiben, meint Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK): »Im Juli 2020 wurde die Mehrwertsteuer vorübergehend gesenkt und im Januar 2021 wieder erhöht.« Die Inflationsrate könne noch über vier Prozent ansteigen. Dann würde sich die Lage wieder entspannen.

Tatsächlich hatte die Bundesregierung im letzten Jahr die Umsatzsteuer für Mittelständler vorübergehend von sieben auf fünf Prozent gesenkt, was aber außer bürokratischem Mehraufwand so gut wie nichts gebracht hat. Die erneute Erhöhung auf wieder sieben Prozent zum Jahreswechsel dürfte deswegen nicht wirklich signifikant die Inflation stimuliert haben.


IRRWEG DER MARKTRADIKALEN IDEOLOGEN


Zudem verzeichnen die USA über fünf Prozent Inflation auch ohne Umsatzsteuererhöhung. Die Ökonomen meiden den einzig angemessenen Begriff für die jetzige Gesamtlage. Das Unwort heißt: Stagflation. Denn tatsächlich stagniert bei uns die Wirtschaft, während die Preise galoppieren. Das war in den 1970er Jahren infolge der extrem ansteigenden Ölpreise schon einmal so. Während der Staat damals mit massiven Investitionen die Wirtschaft ankurbelte. Das galt damals den marktradikalen Ökonomen als Beweis, dass die klassische antizyklische Konjunktursteuerung nach den Rezepten des englischen Wirtschaftsprofessors John Maynard Keynes gescheitert sei. Seitdem haben die marktradikalen Ökonomen das Erklärungsmonopol geentert.

Dass jetzt ausgerechnet unter ihrer Regie eine handfeste Stagflation stattfindet, das darf einfach nicht sein. Genau das aber ist der Fall. Denn die massiven Geldinfusionen aus dem Nichts laufen ins Leere, weil durch die Corona-Einschränkungen im Handel Lieferengpässe entstanden sind. Der Dominostein des verteuerten Transports schmeißt die nachfolgenden Dominosteine in Handel und Verarbeitung um. Die Geldinfusionen verpuffen, wenn sie nicht massiv in die Binnennachfrage gesteckt werden.

Der frühere US-Präsident Franklin D. Roosevelthatte mit seinen Infusionen Erfolg. Denn Löhne, Renten und Lohnersatzleistungen wurden erheblich erhöht. Die Leute konnten sich endlich wieder was kaufen, und so langsam wurde aus dem Papiergeld wieder reale Währung. Denselben Weg geht aktuell die Volksrepublik China. Solche simplen Zusammenhänge sind allerdings der Bundesregierung und ihren marktradikalen Vorbetern nicht mehr zu vermitteln.

Also noch einmal zum Mitschreiben an die Bundeskanzlerin und an die ihr unterstellten Lehnsherren und -damen aus den Bundesländern: heben Sie sofort alle Corona-Beschränkungen auf! Der neue deutsche Sonderweg wird genauso in den Untergang führen wie jener zwölf Jahre dauernde Irrweg, der in die bedingungslose Kapitulation geführt hat.

Machen Sie Druck auf Unternehmer, die Löhne erheblich zu erhöhen. Schaffen Sie die gesetzliche Grundlage für eine signifikante Erhöhung von Renten und Lohnersatzleistungen. Machen Sie Geld locker für längst überfällige Infrastrukturmaßnahmen. Beenden Sie die verhängnisvolle Exportorientierung. Kümmern Sie sich um unseren Binnenmarkt. Dann könnte unsere Wirtschaft wieder in ein wirklich tragfähiges Fahrwasser gelangen.


Hermann Ploppa ist Buchautor und Chef des Wirtschaftsressorts dieser Zeitung.




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 59 am 20. Aug. 2021




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