Am 1. August 2021 marschierte – oder sagen wir besser: spazierte – eine statistisch durchaus signifikante Anzahl von Demokraten durch den Berliner Westen in Richtung Berlin-Mitte. Es war den Bürgern draußen im Lande nicht länger zu vermitteln, dass am Wochenende zuvor laut Regierungsangaben achtzigtausend Demonstranten beim Christopher Street Day dicht an dicht und oftmals ohne Maske und Abstand durch Berlin marschieren konnten – und eine Woche später dann den Bürgern untersagt ist, in einer ernsthaften Angelegenheit ihre Meinung öffentlich kundzutun.
Den friedlichen Demonstranten bot sich ein martialisches Bild. Vermummte, behelmte Jungpolizisten in Ritterrüstung. Als ginge es darum, aufgeputschte Hooligans in die Schranken zu weisen. Wasserwerfer. Und als Krönung knatterte ein Polizeihubschrauber der Sorte EC 135 über die Häuserschluchten. Das macht rein strategisch keinerlei Sinn und kann getrost als psychologische Kriegsführung, also Einschüchterung, gewertet werden. Die belästigten Demonstranten fragten sich, wie viel Steuergeld dieser Helikopter da mit seiner Vorführung eigentlich gerade buchstäblich verbrennt. Kanonen auf friedfertig zwitschernde Spatzen?
KRIEGSARSENAL GEGEN
FRIEDLICHE DEMONSTRANTEN
Also, was kostet ein Polizeihubschrauber? Bundespolizei und die einzelnen Polizeiabteilungen der Länder haben im Laufe der Jahre eine beachtliche Anzahl von Hubschraubern erworben. Die Modelle Eurocopter 135, EC 145 und EC 155 kosten je nach Ausstattung 6 bis 8,5 Millionen Euro. Laut eigener Angabe verfügt die Bundespolizei mit 87 Hubschraubern über die größte Hubschrauberflotte in Deutschland. Der Freistaat Bayern verfügt über acht Maschinen des Typs EC 135. Berlin ist arm und hat nur einen einzigen EC 135. Es soll ja gar nicht in Abrede gestellt werden, dass der Einsatz von Hubschraubern mit ihren Nachtsichtgeräten, Suchscheinwerfern und thermographischen Kameras in Katastrophensituationen durchaus sinnvoll ist. Aber was sollen sie gegen friedliche Spaziergänger ausrichten? Eine Flugstunde mit diesen Spezialfliegern kostet zwischen 3.000 und 6.000 Euro. Wobei der Kerosinverbrauch mit etwa 150 Litern in der Stunde bei einem Literpreis von 0,38 Euro vergleichsweise unerheblich scheint. Die Ausbildung eines Hubschrauberpiloten kostet die Steuerzahler dagegen im Schnitt 440.000 Euro. Wenn man bedenkt, dass die 87 Hubschrauber der Bundespolizei und die 42 Hubschrauber der Länderpolizeien die meiste Zeit ungenutzt im Hangar stehen, ist das schon ein bemerkenswerter Luxus, der Milliardenbeträge verschlingt.
Eine weitere Kanone gegen Spatzen ist der Wasserwerfer, in der Repressionsszene liebevoll auch »WaWe« genannt. Seit 2012 wurden 80 neue Wasserwerfer angeschafft. Ein einziger WaWe kostet eine Million Euro. In Berlin wurden WaWe im Jahre 2003 zum letzten Mal eingesetzt. Das Comeback erfolgte am 18. November 2020 beim Protest gegen die Erweiterung des Infektionsschutzgesetzes am Brandenburger Tor. »Wir haben natürlich Versammlungen, bei denen Einzelne Flaschen werfen, und Einzelne, die Gewalttaten verüben. Aber dass sich Tausende nicht an Regeln halten, das ist diesmal die Besonderheit«, wusste die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik zu sagen. Der Berliner Zeitung verdanken wir ein vielsagendes Geständnis, warum man bislang auf Wasserwerfereinsätze verzichtete: »Ihre Zurückhaltung begründete die Polizei stets aus einsatztaktischer Sicht, denn der Einsatz der Nassmacher wirke eskalierend.« Man wollte also offenkundig am Brandenburger Tor eskalieren und aus friedlichen Demonstranten wütende Straßenkämpfer machen. Die Demonstranten ließen sich aber nicht aus der Reserve locken.
In sogenannten Großlagen werden 17.400 Bereitschaftspolizisten eingesetzt. Auch hier gibt es gewiss Anlässe, bei denen Bereitschaftspolizisten notwendig sind. Denn in der Demokratie darf das Militär keine Einsätze im Inland durchführen. Allerdings glänzen die Bürgerkriegspolizisten bisweilen durch Abwesenheit. So geschehen in Hamburg-Altona beim G20-Gipfel im Jahre 2017, als Randalierer vollkommen ungehindert Geschäfte anzündeten und Autos demolierten. Immerhin mussten die Steuerzahler für die Polizeieinsätze beim G20-Gipfel die stolze Summe von 27,7 Millionen Euro berappen. Ein Bereitschaftspolizist verdient im Mittel 4.160 Euro im Monat. Die Beamten müssen nichts abgeben für Renten, denn sie bekommen eine staatlich garantierte Pension. Sie müssen sich privat krankenversichern. Netto bleibt diesen Beamten jedoch wesentlich mehr auf dem Konto als anderen Berufstätigen. Die Bereitschaftspolizei bekommt im Jahr also 868,6 Millionen Euro Gehalt. Nicht eingerechnet sind die Pensionszahlungen an Ruheständler.
STEUERGELDER IM POLIZEISCHLUND
Was mussten wir Steuerzahler für die Polizeiauftritte in Berlin am 1. und am 29. August 2020 bezahlen? Darüber hüllen sich die verantwortlichen Stellen in Schweigen. Genaue Angaben zu den Kosten von Polizeieinsätzen erfahren wir allerdings immer dann, wenn unliebsame Gruppen dieser Gesellschaft als lästige Kostenfaktoren gebrandmarkt werden. Einsätze gegen Pegida und Legida im Zeitraum von Herbst 2014 auf Herbst 2015 wurden von der sächsischen Landesregierung mit 774.000 Euro angesetzt. Die Polizeigewerkschaft schätzt die wirklichen Kosten auf drei Millionen Euro. Bedeutend teurer war der Polizeieinsatz im Falle des osthessischen Dannenröder Forstes. Dort hatten sich Umweltaktivisten gegen die Rodung eines Waldes gewehrt, der für den umstrittenen Ausbau der Autobahn A49 geopfert wurde. Die Kettensägen zu schützen kostete die Steuerzahler sage und schreibe 31 Millionen Euro. Um zwanzig Kritiker der Corona-Maßnahmen im schweizerischen Solothurn in Schach zu halten, benötigten die dortigen Gendarmen 70.000 Fränkli. In Bremen wurde am 5. Dezember letzten Jahres eine Corona-Demo verboten. Statt friedlicher Demonstranten erlebte man in der einstmals stolzen Hansestadt eine Leistungsschau moderner Aufstandsbekämpfung, mit militärischen Darbietungen der Bereitschaftspolizei aus unzähligenBundesländern, unterstützt und flankiert von pseudolinken »Antifa«-Schwadronen. Diese improvisierte Polizeimesse kostete die Solidargemeinschaft mindestens 750.000 Euro.
BÜRGER BEZAHLT FÜR SCHLÄGE
Doch damit nicht genug. Jetzt sollen wir für die Hiebe auf den Kopf auch noch selber bezahlen. So regelt es die »Besondere Gebührenordnung des Bundesinnenministeriums« seit dem 2. September 2019. Das verstehen wir. Angesichts der monströsen Verschleuderung von öffentlichen Geldern durch die Herren Scholz, Spahn und Scheuer insbesondere, reichen die regulären Steuereinnahmen nicht aus, um den gesetzlichen Versorgungsauftrag weiterhin zu gewährleisten. Die Speisekarte der staatlichen Repression sieht vor: Identitätsfeststellung kostet 53,75 Euro. Der Beschluss, Sie zu verhaften, 74,15 Euro. Eine Viertelstunde Fahrt im Polizeiauto zum Revier: 15,69. Erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken kostet 59,50 Euro. Und pro Viertelstunde Ihrer Freiheitsberaubung müssen Sie 6,51 Euro bezahlen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob Sie diese Hotelrechnung von der Steuer absetzen können. Vielleicht ist jene abstruse und verfassungswidrige Abzocke doch eher weniger hilfreich, um dem ausgemolkenen Staatssäckel frisches Geld zuzuführen. Denn die Erfinder der Gebührenordnung rechnen mit einer eher bescheidenen Mehreinnahme von 2,78 Millionen Euro. Vermutlich handelt es sich also eher um schwarze Pädagogik gegen unmündige Landeskinder. Das musste bereits eine bedauernswerte Bahnbenutzerin feststellen, als sie ihren Koffer auf dem Bahnsteig vergessen hatte. Sofort war die Bundespolizei mit Spürhunden zugegen und sicherte das gefährliche Corpus Delicti ab. Es hätte ja der Koffer von bin Laden sein können. Die Dame bekam eine Rechnung in Höhe von 550 Euro zugestellt für den extrem delikaten Polizeieinsatz. Merke: Die Polizei – Dein Freund und Helfer!
Hermann Ploppa ist Buchautor und Chef des Wirtschaftsressorts dieser Zeitung.