Haben    Sie    schon    mal    erlebt, dass der StraßenbahnschaffnerPeterJedermann   nach   einem arbeitsreichen Leben in Rente geht –  und  alle  Presseorgane  über  diesen  hochverdienten  Wechsel  eines  anständigen  Mannes  in  den  Ruhestand  berichten?  Natürlich  nicht.  Alle  Schweine  sind  gleich,  jedoch  einige Schweine sind gleicher. 
Wenn Jeffrey Preston Jorgenson alias Jeff Bezos nach 27 Jahren an der Spitze des von ihm gegründeten Online-Versandhauses Amazon sich aus dem operativen Geschäft als »CEO« verabschiedet und als geschäftsführender Vorsitzender des Verwaltungsrats von nun an eine ruhige Kugel schiebt, dann stehen alle Presseorgane des freien Wertewestens stramm und belobigen pflichtschuldigst den »größten Unternehmer unserer Zeit«.
So     titelt     das     durchaus     ehrenwerte     Handelsblatt in seiner aktuellen Wochenendausgabe und stellt auf gefühlten zehn Seiten immer neue Rekorde im Huldigen auf. Im Feudalismus gab es die Literaturgattung   der   Panegyrik.   Bezahlte   Hofschranzen bekamen Goldtaler dafür, ihren Herrn so positiv wie möglich darzustellen. Und Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian  Matthes  singt  zur  Harfe:  »Mit  seinem Managementstil  hat  Bezos  eine  ganze  Generation  von  Führungskräften  geprägt.  Seine  Formel:  kompromisslose  Kundenorientierung,  Reinvestieren  aller  Gewinne,   Nonchalance   gegenüber   den   Begehrlichkeiten   des   Kapitalmarkts   –   und, ja, auch Härte.« 
Und während sich die Aldi-Könige auf ihrem billigen Käse ausruhen, tritt Bezos im Hollywood-Schinken »Star Trek« als Horror-Alien auf und wird noch in diesem Sommer mit seinen BlueOrigin-Raketen superreiche Touristen ins Weltall schießen – vermutlich mit Rückreiseoption. Bisweilen wirkt Bezos schon selber wie eine Computeranimation. Irgendwie transhumanistisch. Und während die Mainstream-Presse über König Bezos I. grundsätzlich nur Gutes zu künden weiß, wollen wir einen gewissen Ausgleich schaffen und ein paar Fakten zum Vortrag bringen, die der gnädige Herr der Internet-Versandpakete sicher nicht so gerne hört.
STEUERTRICKSER ZERSTÖRT EINZELHANDEL
Die  Finanzbeamten  dieser  Erde  bekommen   nämlich   regelmäßig   einen   gehörigen   Adrenalinschub,   wenn   sie   den   Namen  »Bezos«  vernehmen.  So  wagte  die Europäische Union, Mister Bezos im Jahre  2014  untertänigst  daran  zu  erinnern,  dass  er  der  Solidargemeinschaft  der  Steuerzahler  für  die  Jahre  2006  bis  2014  250  Millionen  Euro  nachzuzahlen  habe. Nun wissen wir alle, dass die Corona-Hysterie  die  Menschen  dazu  zwang,  ihren  Bedarf  an  nicht  essbaren  Gütern  hauptsächlich  über  Online-Versandhäuser zu decken. 
Tatsächlich  konnte  Amazon  im  Jahre  2020   seinen   Umsatz   in   Deutschland   um  33  Prozent  steigern  auf  nunmehr  24,7 Milliarden Euro. Europaweit setzte Amazon  im  Corona-Jahr  2020  44  Milliarden  Euro  um.  Das  ergäbe  ja  eine  erkleckliche   Steuereinnahme   für   den   europäischen   Fiskus.   Ja,   wenn   nicht   Amazon  seinen  Firmensitz  in  Luxemburg  hätte.  Und  der  Graf  von  Luxemburg  lässt  es  zu,  dass  Bezos  sich  als  nackter Mann präsentiert, der sage und schreibe  1,2  Milliarden  Verlust  geltend  macht!  Also  beschenkt  das  Finanzamt  Mister  Bezos  für  2020  mit  einer  Steuergutschrift  in  Höhe  von  56  Millionen  Euro,  die  bei  zukünftigen  Gewinnmel-dungen abgezogen werden können. 
Da befindet sich Bezos in guter Gesellschaft. Denn die Fair Tax Foundation(Gerechte-Besteuerungs-Stiftung) schätzt, dass die großen internetbasierten Konzerne Amazon, Facebook, Google, Netflix, Apple und Microsoft auf diese Tour in den letzten zehn Jahren etwa schlappe einhundert Milliarden Euro Steuern unterschlagen haben.
Auch   die   Gewerkschaften   lieben   Mister    Bezos    nicht.    Der    Internationale    Gewerkschaftsbund  widmete  im  Jahre  2014  Bezos  einen  ganzen  Kongress  und  wählte ihn zum »Schlechtesten Boss der Welt«.  IGB-Chefin  Sharan  Burrow  findet,  dass  Amazon  seine  Mitarbeiter  wie  Roboter  behandelt.  Tariflohn?  Unbekannt. Bezos lässt seine Leute durch das firmeneigene Global   Security   Centerbeaufsichtigen   und   disziplinieren.   Die   berüchtigte   Firmendetektei   Pinkerton   platziert Agenten in der Belegschaft. Die Mitarbeiter  trauen  sich  nicht  aufs  Klo,  weil  auch  die  Länge  der  Notdurft  genau  registriert   wird.   Trotzdem   haben   die   tapferen  Kolleginnen  und  Kollegen  im  Amazon-Betrieb  in  Bad  Hersfeld  durch  unermüdlichen  Arbeitskampf  immerhin  einen Betriebsrat durchsetzen können. 
Besondere Verdienste gelangen dem Amazon-Mitarbeiter Christian Krähling mit einer intelligenten und geduldigen Strategie, die Lage der Amazon-Arbeiter zu verbessern. Leider verstarb Krähling am 10. Dezember 2020 plötzlich und ohne Vorerkrankungen an seinem 43. Geburtstag. Mögen die anderen Zeitungen Jeff Bezos belobigen bis über jede Schamgrenze hinaus. Wir vom Demokratischen Widerstand würdigen stattdessen Christian Krähling und die mutigen Amazon-Mitarbeiter.
