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DER MYTHOS DER EINIGKEIT

Der vielzitierte Konsens, der unter Klimawissenschaftlern herrschen soll, ist eine absichtliche Täuschung der Öffentlichkeit.

Von Markus Fiedler

Der Klimawandel ist in aller Munde. Und es wird das nächste Thema nach Corona sein, das durch das mediale Dorf getrieben wird. »Die Menschheit verbraucht zu viel fossilen Kohlenstoff und produziert durch Verbrennen desselben viel zu viel CO2. CO2 heizt über einen Treibhauseffekt die Atmosphäre auf. Wir Menschen haben den größten Anteil an der Klimaerwärmung. Wir werden alle sterben, wenn wir jetzt nicht etwas dagegen unternehmen.«

So in etwa hören wir es tagtäglich aus allen Lautsprechern. Wer hier Zweifel anmeldet, ist ein Ketzer und Klimaleugner. Wer behauptet, es gäbe keine Einigkeit zu diesem Thema in der Wissenschaft, dem wird vorgehalten, dass es einen überwältigenden Konsens innerhalb der Klimawissenschaft gäbe und sich alle wichtigen Wissenschaftler doch darüber einig seien. Eine Studie, die diesen angeblichen Konsens nachweisen will, lautet: »Cook et al.: Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature. In: Environmental Research Letters 8 (2013)«. In der Studie hat Cook die Kurzzusammenfassungen von knapp 12.000 Arbeiten auf Aussagen zum Klimawandel analysiert und die wissenschaftlichen Veröffentlichungen dann zu einer von sieben Kategorien zugeordnet.

EMPIRISCHE WISSENSCHAFT

STATT MEHRHEITSPRINZIP

Durch mein Biologie-Studium bin ich sozusagen mit naturwissenschaftlichen Regeln sozialisiert worden. Eine dieser Regeln besagt, dass Naturwissenschaft keine Demokratie ist. Über die Korrektheit einer These bestimmt nicht die Mehrheit, sondern das bessere und in sich schlüssigere Argument. Ob sich nun 97 Prozent oder nur 0,54 Prozent einig sind, dass irgendwas richtig oder falsch sei, ist keine Wahrheitsprüfung der Aussage selbst. Mir selbst ist es auch einerlei, ob die These mit dem menschengemachten Klimawandel nun stimmt, oder nicht. Was mich allerdings zunehmend beunruhigt und ärgert, ist die politische Instrumentalisierung von angeblicher Wissenschaft. Zum vorliegenden Fall habe ich daher im Januar 2020 zwei ausführliche Artikel verfasst, die bis tief ins Detail nachweisen, wie manipulativ der Artikel von Cook et. al von 2013 ist. Meine umfangreiche Analyse können Sie unter hier nachlesen. An dieser Stelle kommt eine Kurzzusammenfassung der Ergebnisse meiner Untersuchung:

PROPAGANDISTISCHE KLIMASTUDIE

Warum ist die Arbeit von Cook et al. so wichtig? Diese Arbeit wird immer wieder gerne von Politikern zitiert, wenn es um die Einführung neuer Gesetze zum Klimaschutz geht. Und da ist es schon interessant, wie belastbar so eine Arbeit ist. Machen wir es kurz und schmerzlos: Cooks Studie ist nicht im Ansatz belastbar! Cook und Kollegen schaffen es tatsächlich, den Leser darüber zu täuschen, wie viele Wissenschaftler sich über den menschengemachten Klimawandel angeblich einig seien. Anstatt der angeblichen 97 Prozent sind es tatsächlich nur 0,54 Prozent, die behaupten, dass der Mensch einen überwiegenden Anteil am Klimageschehen hat.

Wie kann so etwas sein? – Nun, es liegt wohl daran, dass derartig minderwertige Veröffentlichungen, wie die von Cook, nicht näher überprüft und gerne zitiert werden, wenn sie das eigene Narrativ unterstützen. Cook nutzt für seine vorsätzliche Täuschung zunächst einmal schwammig formulierte Kategorien. Er ordnete die Arbeiten folgenden Gruppen zu:


1: Äußern sich explizit zum AGW (menschengemachte globale Erwärmung) und ordnen dem Menschen mehr als 50 Prozent Anteil am Klimawandel zu.

2: Äußern sich explizit zum menschengemachten Klimawandel, quantifizieren oder minimieren den Anteil jedoch nicht.

3: Äußern sich implizit zum menschengemachten Klimawandel (zum Beispiel durch Erwähnung desselben).

4: Nehmen keine Position ein.

5: Minimieren oder lehnen den menschengemachten Klimawandel wenigstens implizit ab.

6: Minimieren oder lehnen den menschengemachten Klimawandel explizit ab, quantifizieren aber nicht den Anteil.

7: Lehnen den menschengemachten Klimawandel ab und behaupten, der menschliche Anteil liege unter 50 Prozent.

SCHNITZELJAGD

MIT ROHDATEN

Wir sehen, dass es unter den Kategorien nur eine gibt, die eine eindeutige Aussage zu einem überwiegenden Anteil am menschengemachten Klimawandel enthält, nämlich die allererste. Und jetzt kommen die Tricks! Trick Nummer 1: Cook verschweigt in seiner Veröffentlichung das eigentliche Ergebnis in den realen Zahlen. Das muss man sich als Leser selbst erarbeiten, indem man sich durch seine Rohdaten wälzt und diese selbst analysiert. Dazu muss man die Rohdaten erst einmal finden! Ein Unding – so etwas geht gar nicht in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung! Und nur so bekommt man heraus, dass sich gerade einmal 64 Arbeiten von 11944 Arbeiten zu Kategorie 1 zuordnen lassen! Und diese 64 Arbeiten machen einen Anteil von gerade einmal 0,54 Prozent aus. In Kategorie 2 findet man 922 Arbeiten (7,72 Prozent), in Kategorie 3 2910 Arbeiten (24,36 Prozent).

Trick Nummer 2: Cook und Kollegen addieren einfach die Kategorien 1 bis 3 auf und behaupten, dass alle diese Veröffentlichungen sich einig darüber seien, dass der Klimawandel überwiegend menschengemacht sei. Vergleichen Sie nochmal die Definitionen der Kategorien damit. Diese Methodik ist so nicht zulässig. Besonders die Kategorien 2 und 3, bei denen es lediglich ausreicht, das Wort »Klimawandel« zu erwähnen, ohne eine ablehnende Haltung einzunehmen, kann nicht zu Kategorien 1 und 2 einfach hinzugezählt werden.

Auch ist hier die Abgrenzung zu Kategorien 4 bis 6 nicht klar erkennbar. Und so überrascht es auch nicht, dass zahlreiche Arbeiten objektiv falsch zugeordnet sind. Bei einer Stichprobe von insgesamt 98 Arbeiten fand ich 17, die sogar falsch der Kategorie 2 zugeordnet wurden und eigentlich in die Kategorie 3 oder 4 gehört hätten. Eine Arbeit entpuppte sich gar als reine Werbung. Hier ein blumiges Zitat daraus: »Ökoeffizienz – der optimale Einsatz von Material, Energie, Personal und Kapital, um innovative Produkte auf den Markt zu bringen – gilt bei Roche als Voraussetzung für den zukünftigen Geschäftserfolg. Die konzernweiten Aktivitäten zur Steigerung der Ökoeffizienz konzentrieren sich eher auf Herstellungsprozesse als auf das Produktdesign [...].« Einige der Wissenschaftler beschwerten sich auch über die Eingruppierung ihrer Veröffentlichungen. Dr. Idso beispielsweise schrieb: »Es wäre falsch zu behaupten, dass unser Papier eine Billigung der These der CO2-induzierten globalen Erwärmung ist.«

SCHWEIGENDE MEHRHEIT

BEI KLIMAFRAGE

Der allergrößte Anteil der Wissenschaftler macht bemerkenswerterweise keine Aussage dazu, ob der Klimawandel überwiegend menschengemacht sei oder nicht. Satte 7.970 Arbeiten beziehungsweise 66,73 Prozent aller Veröffentlichungen, müssten daher in Kategorie 4 eingeordnet werden. Und hier kommt der nächste Coup von Cook und Kollegen.

Trick Nummer 3: Ähnlich, wie bei Wahlen ungültige Stimmen einfach bei der Zählung weggelassen werden, so wurde diese Kategorie 4 mit »Nehmen keine Position ein« auch hier einfach weggelassen. Da sich in den Kategorien 5 bis 7 nur 78 Arbeiten (0,66 Prozent) finden, wurden diese einfach der Summe der Kategorien 1 bis 3 gegenübergestellt und – Überraschung – es ergibt sich ein Konsens von 97 Prozent! Ist das nicht toll? Nein, ist es nicht. Wissenschaftler werden einen Grund haben, wenn sie sich nicht eindeutig positionieren. Man kann hier entgegen Cooks Aussagen mit einigermaßen handfester Grundlage sagen, dass zwei Drittel aller Veröffentlichungen darin übereinstimmen, dass es keine eindeutigen Daten zum Klimawandel gibt.


Eine Leserin meiner Sachanalyse kommentierte Cooks Arbeit wie folgt: »Cook hat in der Studie nicht einfach ein bisschen mit der Statistik‚ rumgetrickst. Der ganze Aufbau weist so gravierende methodische Mängel auf, dass selbst die Bezeichnung ›wissenschaftlicher Betrug‹ in diesem Fall noch eine Beschönigung darstellen würde. Die gesamte Studie besteht aus einer einzigen Aneinanderreihung von Absurditäten. [...] Die Tatsache, dass die Cook-Studie nicht nur in einer Fachzeitschrift erschienen ist, sondern von dieser auch noch zum Artikel des Jahres 2013 gewählt wurde, sollte jedem zu denken geben.«


Markus Fiedler ist Diplombiologe mit Fachgebiet Mikrobiologie/Genetik sowie DW-Ressortleiter Naturwissenschaft.





Dieser Text erschien in Ausgabe N° 52 am 25. Juni 2021




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