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SPAHN HAUT ALLES RAUS

Eine Bundesbehörde gibt dieser Wochenzeitung nun Recht. | Von Hermann Ploppa

Von Hermann Ploppa

Wie wäre wohl unser Leben verlaufen in den letzten Mona-ten, wenn nicht die so genannte Bundesnotbremse der Merkel-Administration die Wirt-schaft stranguliert und den Men-schen unnötige Qualen und Äng-ste beschert hätte? Das öffentliche Leben müsse heruntergefahren werden, so hieß es. Denn in den Intensivstationen unserer Kran-kenhäuser spielten sich unvorstell-bare Szenen ab. Demokraten in diesem Land hatten dem vehement widersprochen und sich dabei auf anerkannte Statistiken berufen. Jetzt hat der Bundesrechnungshof ihnen den Rücken gestärkt.


Der Bundesrechnungshof ist eine Behör-de, die im Auftrag des Haushaltsausschus-ses im Deutschen Bundestag regelmä-ßig der Regierung auf die Finger schaut, ob sie das ihnen anvertraute Steuergeld auch sorgsam im Sinne der Steuerzah-ler ausgegeben hat. Und wie so oft zuvor schon stellt der Bundesrechnungshof in seinem aktuellen Bericht dem Bundesge-sundheitsministerium ein vernichtendes Zeugnis aus. Sowohl bei der Verteilung von medizinischen und FFP2-Masken als auch bei der finanziellen Förderung von Intensivbetten in Zeiten von Coro-na hat das Spahn-Ministerium das Geld nur so zum Fenster hinausgeschleudert. Das heißt im deeskalierenden Jargon der Rechnungsprüfer »massive Überkom-pensation aus Steuermitteln«.


Bei den Masken wirft der Rechnungshof den Spahn-Beamten vor, dass sie diese Masken ausschließlich über Apotheken in Umlauf bringen ließ. Andere Vertei-lungswege wurden gar nicht erwogen. Dazu setzte das Ministerium willkürlich für die Apotheker einen Verkaufspreis von sechs Euro das Stück fest. Eine ein-fache Marktanalyse hätte ergeben, dass die Masken auf dem freien Markt für 1.20 Euro und im Großhandel für vier-zig bis sechzig Cent zu haben waren. Eine für Millionen von Euro angeheuerte Agentur für Unternehmensberatung sah keine Veranlassung zu einem simplen Preisvergleich. Auch war nicht klar, warum die Regierung gewisse Personen-gruppen mit Bezugsscheinen beglückte und andere nicht. Auf jeden Fall wurden zuletzt 35,7 Millionen Bundesbürger mit solchen Bezugsscheinen beglückt, die von der Bundesdruckerei zum Preis von 9,7 Millionen Euro abgegeben wurden. Porto ist da noch gar nicht drin.


MILLIARDEN STEUERGELDER

LANDEN IN DER MÜLLTONNE



Millionen Adressaten der Masken-Be-zugsscheine – unter ihnen auch der Autor dieser Zeilen – haben die Bezugsscheine nie gegen Masken in der Apotheke ein-getauscht. So versickerten insgesamt 2.1 Milliarden Euro Steuergelder buchstäb-lich in der Mülltonne. Es liegen übrigens noch Milliarden von nicht ausgepackten medizinischen Masken in deutschen La-gerhäusern, von der Bundesregierung bestellt und nie abgeholt oder gar be-zahlt. Da rollt noch eine Prozesslawine der geprellten Maskenhändler auf die Bundesregierung zu. Auch dafür wird der Steuerzahler geradestehen müssen.

Doch nimmt sich der amtlich bestätigte Masken-Skandal eher bescheiden aus ge-gen den ebenfalls im aktuellen Rechnungs-hof-Report angeprangerten Betrug im Zu-sammenhang mit Intensivbetten. Auch hier ist die Rede von »massiver Überkom-pensation aus Steuermitteln«. Wobei es zwei deutlich unterscheidbare Phasen gab, in denen sich die Krankenhäuser – man erlaube mir den Kalauer – ganz schön ge-sundgestoßen haben. Die erste Episode er-streckte sich vom Frühjahr 2020 bis zum 30. September. In Erwartung einer furcht-baren Epidemie in der Größenordnung einer Pest sorgte die Regierung für die Be-reitstellung von Betten für Corona-Opfer. Großzügig wurde jedes neu geschaffene Bett in einer Intensivstation einmalig mit 50.000 Euro bezuschusst – aus dem Ge-sundheitsfond, also aus den Einzahlungen von gesetzlich Versicherten. Und für jedes leerstehende Intensivbett gab es pro Tag zunächst 560 Euro Prämie, und dann ab-gestuft zwischen 280 bis 760 Euro pro Tag.

Das führte dazu, dass die Krankenhäuser, die ja heutzutage profitorientiert geführt werden, im Jahre 2020 mehr Geld ver-dient haben als ein Jahr zuvor – obwohl deutlich weniger Patienten ihre Dienste in Anspruch nahmen. Während nämlich die Krankenhausauslastung im Jahre 2019 noch bei 75,1 Prozent lag, betrug sie 2020 nur noch 67,3 Prozent, das bedeutet einen Schwund von 2,5 Millionen Patienten ge-genüber 2019. Der Ansturm der Corona-Patienten blieb aus und die Zahlungen des Bundes waren eine verdeckte Subvention, so die Rechnungsprüfer: »Der Bund hat damit nicht überwiegend Zahlungen zur Aufrechterhaltung freier Krankenhauska-pazitäten für Covid-19-Patientinnen und Patienten geleistet, sondern vielmehr das betriebswirtschaftliche Risiko nicht aus-reichender Belegung der Krankenhäuser mitgetragen.«


ERSCHLICHENE FÖRDERGELDER


Ein ganz anderer Weg, an öffentliche Gelder zur Sanierung der Krankenhaus-finanzen heranzukommen, wurde zeit-gleich mit der Verabschiedung der dritten Anpassung des Infektionsschutzgeset-zes am 18. November letzten Jahres be-schritten. Um den nun auch eher wieder gefühlten Ansturm der Corona-Opfer auf die Intensivbetten der Krankenhäuser zu stemmen, hatte man sich wieder ein ganz neues System ausgedacht. Intensivbetten in Gebieten mit einem besonders hohen Inzidenzwert wurden extra bezuschusst. Zudem spielte ab jetzt eine Rolle, dass Intensivstationen weniger als ein Vier-tel ihrer Betten für Notfälle bereithalten können. Intensivstationen in Gebieten mit einer Inzidenz von über 200 beka-men automatisch Sonderzahlungen – ab Februar wurde der kritische Wert auf 150 abgesenkt. Die Krankenhäuser kamen auf den Trichter, sich durch einen bestechend einfachen Trick zusätzliche Fördergelder zu erschleichen: Sie ließen einfach Inten-sivbetten auf die Korridore schieben, und schon hatten sie womöglich weniger als 25 Prozent freie Betten zur Verfügung. Sie kamen damit ab sofort in den Genuss von insgesamt 4,9 Milliarden Euro Fördergel-dern seit letztem November. Die auf diese Weise vom privaten DIVI-Register gene-rierten Zahlen kamen selbst dem Robert Koch-Institut seltsam vor. Denn das RKI machte die Bundesregierung in einem Brief vom 11. Januar dieses Jahres auf die Möglichkeit aufmerksam, dass die Kran-kenhäuser womöglich weniger Intensiv-betten angemeldet haben als sie tatsäch-lich vorrätig hatten: »Die Möglichkeit ei-ner Beeinflussung besteht also weiterhin. Dies ist besonders problematisch, da dro-hende Engpässe der medizinischen Ver-sorgung auch als Entscheidungsgrundla-ge für weitere politische Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung dienen. Anreize, diesen Indikator zu beeinflussen, müssen deshalb soweit als möglich ausgeschlos-sen werden.«


FOLGENLOSE KORRUPTION


Dankenswert klare Ansage. Der Bundes-rechnungshof vermisst zudem klare Be-lege über die wirkliche Anzahl von Inten-sivbetten. Das Chaotentum in der Regie-rungspolitik kostet allerdings Millionen Menschen durch den daraus begründe-ten Bundes-Lockdown die Existenz. Die-se Korruption im Gesundheitswesen zer-stört als Nebeneffekt unsere Demokratie. Auch dieser Bericht des Rechnungshofs wird wahrscheinlich keine Folgen haben. Nach wie vor scheint unsere Regierung einen unsichtbaren Panzer der Unver-wundbarkeit gegen demokratische Kon-trollinstanzen zu besitzen. Wie lange das noch so bleibt, hängt allerdings vom po-litischen Widerstand ab.







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