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Kunst im Widerstand

Welche Aufgabe kann Kunst in der Krise haben? Eine mutige Malerin zeigt, wie es geht.

Von Nadine Strotmann

Es ist still in Deutschland: Die Bühnen der Theater und Konzerthallen sind leer, die Galerien ebenso, die Literatur schweigt. Ist es nicht an der Zeit, als Künstler aus der Deckung hervorzutreten und das wahre Leben mit Tanz, Gesang, Theater und bildendender Kunst zu zeigen? Ist es nicht an der Zeit, dass die Kunst uns weckt, und sich auf Wahrheitssuche macht?

Franziska Kilger, Malerin aus Mücheln bei Halle, sagt: »Kunst ist Freiheit, sie kann den Geist erreichen, egal welche Darstellungsform es ist. Kunst kann alles vermitteln, auch das Unsagbare.« Franziska ist 35 Jahre alt, Mutter eines dreijährigen Sohnes und aktiv in der Demokratiebewegung. Sie hat sich entschieden, im Schaufenster ihres Ateliers die Menschen mit ihrer Arbeit zum Nachdenken anzuregen.

Im größten Fenster zur Straßenseite prangt ein Porträt von Angela Merkel, mit entschlossenem Blick, typischer Raute. Und gleich daneben hängt ein Rahmen mit Zitaten zur Freiheit, zur Selbstbestimmung, zur Liebe. »Ich habe mich für diesen stillen Protest entschieden, obwohl mir Freunde und Familie davon abgeraten haben«, sagt Franziska. Die Idee ihrer Kunst sei es, Momente, in denen die Seele aus den Augen eines Menschen spreche, einzufangen und in Bildern festzuhalten. Sie wolle Menschen mit diesem Merkel-Porträt anregen, sich frei und eigenständig mit der aktuellen politischen Situation auseinanderzusetzen. »Bislang habe ich nur positive Rückmeldungen erhalten. Ich bin froh, es getan zu haben, es müssen noch viel mehr Künstler mitmachen, damit wir Menschen inspirieren, sich wieder auf die Suche nach Antworten zu machen.« Der Kunstmarkt sei halt leider sehr kommerzialisiert, erklärt Franziska, es gehe oft nur um Geld. »Mir geht es um eigene Ideale, als Künstlerin darf ich keinen Pakt mit dem Teufel eingehen. In der Kunst geht es um Wahrheitssuche, Freiheit, vielleicht sogar um Aufklärung in der Krise.«

Unsere gesellschaftliche Ordnung und die Grundlagen der Demokratie basieren in großen Teilen auf der Epoche der Aufklärung und der Kernidee des Philosophen Immanuel Kant: »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit«. Auch zur damaligen Zeit gab es Kunst, die aufwecken wollte, in allen Darstellungsformen, am stärksten in der Literatur. Die ganze Bewegung der Aufklärung entstand durch unterschiedliche Einflüsse aus ganz Europa. Kann das vielleicht eine Inspiration für die heutige Krise sein? Ein Blick in unser Nachbarland Frankreich lässt Hoffnung auf künstlerischen Widerstand wachsen: Musiker, Tänzer und Sänger haben sich in den vergangenen Wochen immer wieder auf öffentlichen Plätzen versammelt und gemeinsam zum »Dance encore« (Wir wollen weiter tanzen) aufgerufen. Vor ein paar Tagen erst tanzten hunderte Franzosen spontan auf dem Pariser Bahnhof Gare de l’Est. »Am Ende des Tages ist es egal, welche Form der Kunst die Menschen weckt«, sagt Franziska. »Es muss einfach nur passieren.« 

Die Website der Künstlerin ist: www.Franziska-Kilger.de 




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 44 am 16. Apr. 2021




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