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Nato-Manöver Defender 2021 im harten Lockdown

Es macht auch für Militaristen Sinn, die Deutschen während des Truppenaufmarsches einzusperren.

Von Hermann Ploppa

Es ist mal wieder soweit: Das größte und mit Abstand aggressivste Militärbündnis Nato übt auch im Jahre 2021 den Aufmarsch gegen Russland. Russland mit seinen unvorstellbaren und noch wenig ausgebeuteten Naturschätzen weckt schon seit über einhundert Jahren die Begehrlichkeit angloamerikanischer Wirtschaftskreise.

Bis jetzt sind seit Napoleon noch alle Versuche einer feindlichen Übernahme des eurasischen Riesenreiches gescheitert an der Weitläufigkeit des zu erobernden Territoriums. Doch mühsam arbeitet sich die amerikanisierte Militärmaschine Jahr für Jahr näher an Russland heran. Dabei operieren die USA gleich mit zwei Mega-Maschinen: zum einen mit der globalen Infrastruktur der eigenen Streitkräfte. Diese sind über die ganze Welt verteilt und aufgeteilt in regionale Kommandoebenen. Für unsere Region ist das europäische Kommando zuständig – Eucom. Dessen oberster Befehlshaber Tod D. Wolters ist zugleich Oberkommandeur der europäischen Nato-Verbände. Mithilfe der Nato bezahlen deren Mitgliedsstaaten die amerikanischen Kriegsanstrengungen. Eine wirklich geniale Konstruktion.

Nachdem nun der frühere US-Präsident Donald Trump die amerikanischen Streitkräfte ein wenig aus den Bündnisstrukturen zurückgezogen hatte, ist es der neuen Biden-Administration ein Herzensanliegen, ihren Nato-Verbündeten mitzuteilen, sie seien nun wieder voll dabei auf dem internationalen Parkett, und zwar in »eiserner Rüstung« – ironclad. Während im vergangenen Jahr die transatlantische Kriegslust ein wenig gedämpft war durch die CoronaKampagne und einige Aktivitäten des Manövers Defender 2020 nur mit gebremstem Schaum vonstattengingen, will man mit Defender 2021 nun richtig auftrumpfen. 30.000 Soldaten aus 27 Nationen tummeln sich ballernd und brüllend an dreißig Übungsorten, unter anderem im bayrischen Grafenwöhr sowie in der Oberlausitz. 

GEORGIEN UND DIE UKRAINE BEI NATO-ÜBUNG DABEI

Während sich im letzten Jahr die Übungen im baltischen Raum konzentrierten, sind dieses Jahr der Balkan und das Schwarze Meer dran. Was natürlich eine gewisse Beklemmung auslöst. Denn auch der Erste Weltkrieg begann bekanntlich im Balkan. Und der ist seitdem nicht eben stabiler geworden – dank Nato. Denn im Jahre 1999 zerlegte das westliche Militärbündnis die empfindliche ethnische und politische Balance in der Region durch die Zerstörung Jugoslawiens. Auch jetzt fühlen sich die Serben als Nicht-Nato-Staat umzingelt von aggressiven Truppenbewegungen. Vom Kosovo, das der Westen Serbien einfach mal eben gestohlen hat, landen und starten Flugzeuge vom US-Stützpunkt Bondsteel. Als nichtNato-Staaten nehmen zudem ganz ungeniert Georgien und die Ukraine an der Kriegsübung teil. Armenien ist als Teilnehmer gelistet, was aber die armenische Regierung energisch dementiert. Ins Schwarze Meer sind bereits drei größere US-Kriegsschiffe eingedrungen. Rund um den Donbass, einem von der Ukraine abgetrennten Gebiet mit mehrheitlich russischer Bevölkerung, wird bereits passend zum Manöver scharf geschossen, mit Toten und Verletzten.

DEUTSCHLANDS REGIERUNG ÜBT KRIEG GEGEN CHINA

Doch diesmal üben die USA mitsamt ihren abhängigen Vasallen den Krieg auf der weltweiten Bühne. In Afrika bitten die USA vierundzwanzig Nationen auf das Schlachtfeld zur Operation African Lion. Für den afrikanischen Löwen kämpfen 5.000 Soldaten, vornehmlich in Marokko. Im Südchinesischen Meer wiederum verlangen die USA jetzt verstärkte Mitwirkung europäischer Streitkräfte im Kampf gegen den mächtigsten Herausforderer, die Volksrepublik China. Frankreich stellt in ihrer Operation »Jeanne D’Arc 2021« vier Kriegsschiffe, darunter ein Atom-U-Boot. Auch deutsche Kriegsschiffe sollen im Manöver dieses Jahres mit den Streitkräften Frankreichs, der USA, Indiens und Japans mit den Waffen laut und vernehmlich Richtung Festland klirren. Ihre zukünftige Beteiligung in einem Krieg gegen Festlandchina hat die Bundesregierung gerade in ihren »Leitlinien zum Indo-Pazifik« festgelegt. Unsere Regierung strebt die Quadratur des Kreises an: Gerne möchte man weiterhin die konjunkturbelebenden Wirtschaftsimpulse aus China in Anspruch nehmen. Um gleichzeitig unter den Fittichen der USA den Krieg gegen eben dieses China in Angriff zu nehmen.

KRIEGSGESCHIRR ROLLT UNBEMERKT DURCH UNSER LAND

Die Beteiligung an Defender 2021 durch die Bundeswehr mit lediglich 430 Soldaten nimmt sich dagegen eher bescheiden aus. Deutschland ist jetzt kein umworbener Frontstaat mehr. Die Stafette ist an die baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien übergegangen. Doch ist Deutschland eine wichtige logistische Drehscheibe. Von deutschen Häfen werden die amerikanischen Panzer mit der Eisenbahn und auf Straßen gen Osten transportiert. In diesem Zusammenhang würde natürlich ein totaler Lockdown wie ihn unsere geliebte Bundeskanzlerin gerade anstrebt, absolut passen. Die Menschen sind zuhause eingesperrt, wenn die Züge mit dem Kriegsgeschirr nachts auf den Bahngleisen nach Osten rollen, unter anderem auf der Strecke von Cottbus nach Görlitz. Und es ist ja auch den Soldaten so viel Angst vor Corona gemacht worden, dass ihnen jeder Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung oder Friedensaktivisten erspart werden soll, wie die Lausitzer Rundschau zu berichten weiß: »Auf den Transportrouten sollen sie [die Soldaten] möglichst wenig mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Zudem wurden die Übungen so angepasst, dass möglichst wenige Kontakte bestehen.« Selbstverständlich sind die Rekruten bereits PCR-getestet und nach Möglichkeit auch schon geimpft.

Stellt sich die Frage, ob die Nato-Übung unter derart optimalen Bedingungen an der »Heimatfront« womöglich in einen heißen Krieg übergehen könnte? Die Kräfteverhältnisse würden einen Blitzkrieg gegen Russland auf den ersten Blick zu einem Spaziergang machen. Die USA geben nämlich alleine schon das Zwölffache für Rüstung aus wie Russland: 738 Milliarden Dollar gegen 60,6 Milliarden Dollar. Großbritannien alleine gibt laut Statista schon mehr für Rüstung aus als Russland, nämlich 61,5 Milliarden Dollar. Russlands 3.345.000 Soldaten stehen 3.580.000 Nato-Soldaten gegenüber. Die Nato verfügt über 18.741 Panzer gegen 15.500 russische Panzer. Bei den Raketensystemen hat Russland mit 3.781 Stück ein leichtes Plus gegen die 3.437 Exemplare der Nato. Quantitative Vergleiche sind indes nur bedingt aussagefähig. Denn Russland kann beim atomaren Gleichgewicht des Schreckens mit den USA immer noch locker mithalten, was im Zweifelsfall alle anderen Verhältnisse mehr als aufwiegt. Zudem hat das nunmehr engere Militärbündnis zwischen Russland und China aufgrund der chinesischen Wachstumsdynamik ein großes Zukunftspotential.

GALGENFRIST DANK MANGELNDER INFRASTRUKTUR

Vor allem aber ist die Verkehrsinfrastruktur in Osteuropa immer noch mangelhaft, wenn es darum geht, 60 bis 80 Tonnen schwere Nato-Panzer zu tragen, wie der obersteBefehlshabervonDefender2021, General Cavoli, monierte. Es dauert noch, bis die Europäische Union die projektierten 6,5 Milliarden Euro für die Sanierung der Verkehrswege eingesetzt hat. EU und Nato arbeiten nämlich eng verzahnt am geplanten Krieg zur Eroberung Eurasiens zusammen. Wir haben also noch eine Galgenfrist bis zum heißen Krieg ...

Währenddessen sitzt die deutsche Friedensbewegung gefesselt und geknebelt im Schreibtischstuhl fest. Zunächst haben sich die Friedensfreunde über die Einschätzung der Corona-Situation verkracht. Und jetzt wird obendrein unter hygienischen Vorwänden jede Form des Protests gegen die Kriegsvorbereitungen strikt unterbunden. Keine Ostermärsche. Keine Ramstein-Demo. Doch darf diese existentielle Bedrohung nicht unkommentiert bleiben. Es geht um alles. Ob »Zeuge Coronas« oder Demokrat: Bei der Frage von Krieg oder Frieden müssen alle zusammenstehen. Oder sehe ich da etwas falsch? 




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 43




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