Gemeinsam gegen den Staatsterror
von Sophia-Maria Antonulas
Die Menschen, die sich einen Stofffetzen vor den Mund pappen, haben weder Angst vor Bußgeldern, noch vor dem Corona-Virus, sondern vor Übergriffen durch Mitmenschen, Polizei und Staat.
»Bei Faschisten hält man nicht dagegen«, erwidert mein Gesprächspartner auf einer eleganten Dinnerparty. Es ist seine Erklärung, warum er sich ab und zu doch eine Maske aufsetzt. Ich muss an meinen Opa denken. Er konnte damals nicht anders und machte seinen Mund auf. Er wollte sich von Nazis nichts gefallen lassen und hat deswegen 1945 auch nicht überlebt.
Der Großvater meines Mannes wiederum gehörte christlich sozialen Kreisen an. Er war 1938 aus medizinischen Gründen nicht transportfähig. Eine ärztliche Bestätigung reichte den Soldaten damals aus, die ihn ins Lager abführen wollten. Er legte sich also nicht offen an und kam davon. Dafür betätigte er sich während der nationalsozialistschen Herrschaft auch nicht weiter politisch und war den Rest seines Lebens unnahbar. Sein Vorgehen ist zu verstehen. Aber was wäre gewesen, wenn sich die beiden zusammengetan hätten? Dann wäre alles schneller vorbei gewesen, da bin ich sicher.
Auf den Demonstrationen für Grundrechte und Demokratie, die seit Ende März in Berlin und ganz Europa stattfinden, sind auffällig viele ältere Menschen. Sie äußern ihre Meinung trotz der vielen verbalen und körperlichen Angriffe. Sie erkennen das Muster des Staatsterror wieder.
Auch viele meiner Bekannten, die hoch oben auf der Karriereleiter stehen, merken, dass derzeit vieles im Argen liegt. Sie halten die Masken für sinnlos, wissen, dass Corona nicht gleich Ebola oder der Pest ist, und machen sich ebenfalls Sorgen um die Demokratie. Nur offen sich dem Protest anzuschließen, das schaffen sie nicht.
Ihnen sei gesagt: Es geht nur gemeinsam. Ich verstehe, dass ihr euch als
Einzelperson mit dem wild gewordenen Sicherheitsdienst im Supermarkt nicht anlegen wollt. Aber in einer konzertierten Aktion geht das sehr wohl. Schließt euch einfach an. Wir sind mehr als die wenigen, die seit acht Monaten unser Leben und schon seit Längerem unsere Welt ruinieren. Legt eure Bedenken und Karrieresorgen kurz ab. Denn gemeinsam können wir das ganz schnell ändern und danach, wenn es sein muss, auch wieder getrennt, den schöneren Dingen des Lebens nachgehen.
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