Das British Medical Journal (BMJ) ist seit 150 Jahren eine feste Institution im britischen Wissenschaftsbetrieb.
Artikel mit hohem Qualitätsanspruch
für eine kleine aber feine Gemeinde von
hochrangigen Wissenschaftlern. Alle
Worte sind auf der Goldwaage für ausgewogen befunden und dann erst veröffentlicht worden. Da ist es schon bemerkenswert, wenn BMJ-Chefredakteur
Kamram Abbasi in der aktuellen Ausgabe mit harten Formulierungen die britische Regierung von Premierminister
Boris Johnson aufs Korn nimmt. Tenor:
Politiker und Regierungen unterdrücken
die Wissenschaft.
Es ist davon auszugehen, dass die Regierung und das britische Gesundheitsamt
immer wieder Wissenschaftler daran
hindern, unbequeme Wahrheiten zu veröffentlichen. So werden Textpassagen
zurückgehalten, in denen die eklatante
Benachteiligung der sozial Schwachen,
besonders der Immigranten, angeklagt
wird. Besonders im Blickpunkt: Die
Operation Moonshot der britischen Regierung. Wir kennen das Problem aus
Deutschland: jetzt sollen ganz schnell
und dabei natürlich supergenau PCRund Antikörpertests aus dem Hut gezaubert werden. Und dann kommen »suboptimale« Produkte dabei heraus, vorab
schon mal in Liverpool in Massentests
erprobt. BMJ fand heraus, dass die von
der Regierung bevorzugten Produkte
nicht das hielten, was die Hersteller versprachen.
Doch Artikel zu diesem Thema und andere wissenschaftliche Aufsätze sollten
nicht erscheinen, bevor die Regierung
eine Million Tests von einer ganz bestimmten Firma aufgekauft hatte. Die
unbestechlichen Wissenschaftler wollten nicht länger für sich behalten, dass
maßgebliche Berater der Regierung nicht
dem Gemeinwohl verpflichtet, sondern
nachweislich in geschäftliche Interessen verwickelt sind: »Regierungsberater
sind imstande, wissenschaftliche Befunde zu ignorieren (...) und den Wettbewerb auszuschalten, um die eigenen
Produkte und die ihrer Freunde und Gesellschafter zu bevorzugen.«
Schlussfolgerung British Medical Journal: »Politisierung der Wissenschaft
wurde mit Inbrunst von einigen der
schlimmsten Autokraten und Diktatoren
eingesetzt, und jetzt hält so etwas ganz
selbstverständlich Einzug auch in demokratischen Gesellschaften. Der medizinisch-politische Komplex neigt zur Unterdrückung der Wissenschaft, um jene
stark zu machen und zu bereichern, die
an der Macht sind. Und je erfolgreicher
die Mächtigen werden, und je weiter
von der Macht korrumpiert sind, umso
ausgreifender werden die unbequemen
Wahrheiten der Wissenschaft unterdrückt. Wenn gute Wissenschaft unterdrückt wird, sterben die Menschen.«