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DER NEUE FALSCHE FASCHISTISCHE SCHUTZWALL

DIE GROSSEN PRESSEBETRIEBE HABEN SICH MIT DER REGIERUNG EINGEMAUERT. JETZT WIRD ES ENG FÜR SIE.

Von Dirk Pohlmann

Seit einem halben Jahr dominiert das Thema Covid-19 die Medien und unser aller Leben. Covid-19 wird im Mainstream als eine Wiederkehr der Pest dargestellt, als existentielle Bedrohung der Gesellschaft und des Staates, zu deren Bekämpfung der Notstand gerechtfertigt sei. 

Die Faktoren, die aus einer Krankheit, deren Gefährlichkeit von verschiedenen Experten sehr verschieden bewertet wird, eine Seuche machen, sind aber nicht so unumstößlich sicher, wie vom Staat behauptet und von den Medien kolportiert wird. Das ist gewissermaßen selbsterklärend, denn wie die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung angeordnet werden, fallen ja je nach Land sehr unterschiedlich aus. Wie das Beispiel Schweden zeigt, das entgegen der Berichterstattung des Mainstream immer noch nicht in einer Todesspirale untergegangen ist.

Die entscheidende Frage ist weiterhin, ob Covid-19 ein so katastrophales Ereignis ist, dass ein dauerhafter Notstand gerechtfertigt ist, oder ob im Windschatten einer Grippewelle ein fundamentaler Umbau der Gesellschaftssysteme durchgeführt wird, eine allgemeine Prekarisierung, eine kalte Übernahme der mittelständischen Wirtschaft durch die finanzkapitalistische globale Oberschicht, die Einführung eines Überwachungsstaates mit gesundheitspolitischen Zwangsmaßnahmen. Ob der Westen also eine Karikatur des Überwachungs-China-Schreckgespenstes wird, nur ohne Wohlstand für alle. 

Dazu kann man verschiedener Meinung sein. Aber man darf es nicht, bei Strafe der öffentlichen Erniedrigung und Existenzvernichtung durch den Mainstream.

Die politische Antwort auf Covid-19 wird uns medial als alternativlos präsentiert. Dass verschiedene Bürger zu politischen Fragen unterschiedliche Ansichten haben, ist in der Demokratie eine Binsenweisheit. Zu Corona aber und den Maßnahmen gibt es angeblich keine Meinungen, sondern nur eine einzige mögliche Antwort, die sich bezaubernderweise mit den Ansichten der Regierung deckt.

IDEOLOGIE DES TUGENDTERRORS

Damit entsteht eine neue Klasse der staatsmedialen Corona-Mandarine, die über die Einhaltung der einzig wahren Lehre wachen. Sie genießen ihre Machtausübung. Jede Abweichung vom herrschenden Dogma wird mit einer ähnlich rechthaberischen Erbarmungslosigkeit attackiert wie Ketzerei im Mittelalter. Aus einer ähnlichen Ursache; die Ideologie des Tugendterrors geht von einer erkennbaren gesellschaftlichen Wahrheit aus. Wer eine andere Wahrheit propagiert, hat keine andere Ansicht, sondern eine falsche Ansicht. Und die muss berichtigt werden.

Das geschieht auch, indem die Träger der falschen Thesen bekämpft werden, argumentativ und bei weiterer Unbotmäßigkeit physisch. Es ist die sich entfaltende Erscheinungsform eines ideologischen Totalitarismus, dem so unglaublich viel erlaubt ist, weil er sich auf dem felsenfesten Boden einer naturwissenschaflichen Wahrheit wähnt. So wie Anfang des letzten Jahrhunderts die Eugeniker in aller Welt die Zwangssterilisierung, die Zuchtwahl und den Sozialdarwinismus als die unverhandelbare Realisierung der Moderne durchgeführt sehen wollten.

Die modernen Wahrheitswächter übersehen — nach den Erfahrungen des NS-Staates muss man sagen, sie wollen übersehen —, dass jedes gesellschaftliche Ziel eine Setzung ist, die auf Prämissen beruht. Die Prämisse des pluralisitischen Gesellschaftsmodells ist, dass niemand genau weiß, was die Wahrheit ist und es deshalb am besten ist, wenn viele nach ihr suchen. Die Prämisse einer freiheitlichen Gesellschaft ist, dass wir uns über die Ziele verständigen müssen, weil sie nicht vorgegeben sind, weder ideologisch noch »naturwissenschaftlich«. Wir werden, was wir sein wollen.

Die realexistierende mediale Coronadiskussion ist keine Erscheinungsform eines pluralistischen Weltbildes. Die Medien erfüllen nicht ihre Aufgabe, das Terrain zu sondieren, es zu kartographieren und jeder Seite die Fragen zu stellen, sie sie am wenigsten hören möchte. Sie erfüllen nicht ihre Aufgabe, die Regierung kritisch zu begleiten. Stattdessen werden die wichtigsten Ketzer an einen medialen Pranger gestellt, werden Verdikte und Verbannungen ausgesprochen. So werden aus Wissenschaftlern abweichender Ansicht Idioten, aus Experten Verschwörungstheoretiker. Wenn dieser neuartige »Verfolgungswahn« des Mainstreams dazu führt, dass es für einige Kritiker lebensbedrohlich wird, dann schweigt der Mainstream sogar über die Angriffe.

Die Folgen der Mainstream-Berichterstattung schaffen es nicht durch den antifaschistischen Schutzwall der Medieneinheitsfront. Diesseits der Mauer hat die Partei immer recht. Kritiker gibt es nur jenseits der Mauer, bei den Alternativmedien. Die allerdings, und auch das ist zu kritisieren, ebenfalls oftmals eine hermetische, zweifelsfreie Sicht präsentieren.

FANATISMUS UND VERNICHTUNGSWUNSCH IN STAATSNAHEN MEDIEN

Diese de facto überwältigende Gleichschaltung der Mainstream-Berichterstattung, eine Variante des aus der Psychologie bekannten Group Thinks, ist staatsnah, antipluralistisch und unausgewogen, mit anderen Worten, für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verfassungswidrig. Für die privaten Printmedien ist sie ein journalistisches Armutszeugnis.

Und insgesamt offenbart sie ein Strukturproblem unseres Mediensystems. Wir brauchen ein neues, funktionsfähiges Mediensystem. Krisen wie Covid-19 demonstrieren, wie wichtig es ist, um vernünftige Entscheidungen möglich zu machen. Wie würde unsere Schönwetter-Demokratie, die das Grundgesetz derzeit als gesundheitspolizeiliche Verfügungsmasse betrachtet, eigentlich reagieren, wenn sie eine echte Seuche zu bekämpfen hätte?


© Bild: Privat


Dieser Text erschien in Ausgabe N° 12 am 17. Juli 2020




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