Die Coronakrise hält seit März dieses Jahres alle Bereiche der Gesellschaft in ihrem Würgegriff – von der Bundes- bis hinab zur Kommunalpolitik, vom Gesundheitswesen bis zur Bildung, vom kulturellen Leben bis zur Freizeit- und Urlaubsgestaltung. Doch vor allem trat eines von Beginn an offensichtlich zutage: Der globale Finanzmarktkapitalismus befindet sich in einer beispiellosen Krise und ist nunmehr, befeuert durch den Brandbeschleuniger Corona, dabei, vor unser aller Augen zu kollabieren.
Der inzwischen unvermeidlich scheinende Untergang der 40 Jahre andauernden Neoliberalen Epoche zeichnete sich seit der Finanzkrise 2007 bis
2009 ab; weitere Anzeichen für eine
bevorstehende schwere Wirtschaftskrise erkannten Ökonomen und Finanzexperten schon in den Jahren
2018 und 2019. Die fast weltweite
Lockdown-Politik war nur der Gnadenstoß für ein auf Marktradikalismus, Sozialabbau, Umweltzerstörung
und wachsender Ungleichheit aufgebautes Wirtschaftssystem – eine
Politik, die allein in Deutschland die
Vernichtung der Lebensgrundlagen
unzähliger klein- und mittelständischer Unternehmerinnen und der in
deren Betrieben beschäftigen Lohnabhängigen, von Freischaffenden und
Soloselbstständigen in Kauf nimmt.
Ganz zu schweigen von Abermillionen
Menschen in den Entwicklungsländern, die buchstäblich dem Hungertod preisgegeben werden.
WEISSBUCH WIRTSCHAFTSGESETZGEBUNG
Wie die Herausgeber des Demokratischen Widerstands bemerkten, stehen »schon jetzt die großen Eigentumsverhältnisse, unsere Währung,
unser politisches System sowie die
ethische und praktische Ausrichtung
unser aller Zukunft [zur Disposition].
Wie in einem solchen Zustand auf
Ausgleich bestehen? Wir haben keine
Machtmittel. Außer uns selbst. Und
den Ausgleich durch das Recht. Das
Argument. Die Wissenschaftlichkeit.
Die öffentliche Debatte. Wir sollten
deshalb auf eine gemeinsame ›Verfassung der Ökonomie‹ hinwirken. Und
mit wir meinen wir alle Leute auf diesem lebenswerten Landstrich unserer
Erde.« Aus gutem Grund lautet der als Forderung verstandene Titel der
Plattform der Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand: nicht
ohne uns! Es ist an der Zeit, neue Regeln für unser künftiges Wirtschaftssystem (basis-)demokratisch auszuhandeln. Denn eines ist klar: So wie
bisher kann es nicht weitergehen.
»ES WERDE GESETZ!« — EINSENDUNGEN IN BUCHFORM
Deshalb erging schon im März der
Aufruf an alle DW-Leserinnen, ihre
Ideen und Vorschläge für eine solche
neue Wirtschaftsgesetzgebung einzubringen. Unter dem Motto »Es werde
Gesetz!« erreichten uns bisher mehr
als 120 Einsendungen mit Beiträgen
zu einer enormen Anzahl von Teilbereichen einer künftigen Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung. Die meisten Leserinnen sandten uns selbst
ausgearbeitete Konzepte, manche begrenzt auf bestimmte Felder wie Bildung oder Steuern, andere umfassend
und weite Teile des ökonomischen
und sozialen Lebens behandelnd. Etliche Einsenderinnen machten uns auf
schon bestehende alternative Wirtschaftsordnungsmodelle aufmerksam; am häufigsten genannt wurden
das Modell der Sozialen Dreigliederung von Rudolf Steiner und das Konzept der Gemeinwohlökonomie von
Christian Felber.
Was jedoch sämtlichen Beiträgen zugrunde liegt, ist die Vision einer humaneren, umweltfreundlicheren und
gemeinschaftlicheren Art des Wirtschaftens, die nicht der Jagd nach
Profit und unbegrenztem Wachstum
alles andere unterordnet, sondern
ethischen und sozialen Werten und
Bedürfnissen den ihnen gebührenden
Stellenwert zuerkennt – kurz: die Vision einer Wirtschaftsordnung mit
menschlichem Antlitz.
Allen Einsenderinnen sei an dieser
Stelle ein ganz, ganz herzliches Dankeschön für Ihr Engagement ausgesprochen! Alle Ihre Beiträge, ob kurz
und prägnant oder umfangreich und
detailliert ausgearbeitet, wurden mit
großem Interesse gelesen und gewürdigt. Zurzeit werden die Einsendungen ausgewertet und für eine Publikation vorbereitet. Geplant ist, diese zum
Download auf unserer Seite sowie in
Buchform zum Selbstkostenpreis anzubieten. Damit wollen wir gemeinsam
einen ersten Beitrag leisten zu einer (basis-)demokratisch ausgehandelten Verfassung für ein sozialeres, gerechteres
und nachhaltigeres Wirtschaftssystem,
in dem auch künftige Generationen
von Menschen, Tieren und Pflanzen ein
würdiges Leben werden führen können.