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BAGATELLVIRUS 1:0 DEMOKRATIE

Ende Januar 2020 wird der erste Coronafall in Bayern bekannt. Ein RÜCKBLICK

Von Dr. med. Paul Brandenburg

Auffällig aus medizinischer Sicht war am Jahr 2020 allenfalls seine Unauffälligkeit. 


So unauffällig war es, dass eine wissenschaftliche Bagatelle ab März des Jahres die Fachwelt beherrschen konnte: Ein neu identifiziertes Mitglied der bekannten Familie der Coronaviren namens Sars-Cov-2. Wie sich schnell bestätigte, verlief eine Infektion mit diesem Virus bei den meisten Menschen ähnlich, wie eine Infektion mit den anderen Mitgliedern seiner Familie: unbemerkt und beschwerdefrei. Nur bei einem kleinen Teil löst sie grippeähnliche Beschwerden und eine wenige Tage andauernde Erkrankung aus (Covid-19).


ERREGER GEHÖRT ZU DEN BAGATELLVIREN


Wie bei allen anderen der unzähligen erregerbedingten Atemwegserkrankungen des Menschen kann es in seltenen Fällen auch bei einer Infektion mit Sars-Cov-2 zu einer schweren Verlaufsform kommen. Bei Covid-19 ist ein solcher Verlauf durch Funktionsstörungen der Lunge gekennzeichnet – in Ausnahmefällen können diese tödlich sein (bei circa 3 von 1.000 Infizierten). Dies allerdings fast ausschließlich dann, wenn die Betroffenen bereits über 80 Jahre alt oder vorerkrankt sind. Aus medizinischer Sicht reiht sich der neuartige Erreger damit unauffällig in das Spektrum der Bagatellviren ein, von denen die breite Öffentlichkeit zuvor kaum Notiz nahm. Im Verlauf des Jahres 2020 kam es in Deutschland dennoch zu Massentestungen der Bevölkerung. Sie belegten die plausible Annahme, dass sich Sars-Cov-2 schnell und flächendeckend innerhalb weniger Wochen im ganzen Land ausbreitete. Begleitende Untersuchungen bestätigten ebenso zweifelsfrei, dass es trotz dieser Ausbreitung zu keiner Zeit zu einer relevanten Steigerung der durchschnittlichen Gesamtzahl der Sterbefälle im Land kam (sogenannte Übersterblichkeit).


MIT, ABER EBEN NICHT AN DEM NEUEN VIRUS ...


Pathologen wiesen bereits früh in 2020 darauf hin, dass die Menschen in den meisten Fällen mit, aber eben nicht an dem neuen Virus starben. Zum Ende des Jahres bestätigte sich denn auch: Die Menschen in Deutschland starben im Durchschnitt unverändert erst am Ende ihrer statistischen Lebenserwartung von 81Jahren.WieindenJahrzehntenzuvor, wurde dieser Tod in rund der Hälfte der Fälle von einer akuten Atemwegserkrankung ausgelöst. Unter ihnen war nun neu nachweisbar auch Covid-19, ausgelöst vom neuen Sars-Cov2. Genauere Untersuchungen zeigten sogar, dass im gesamten Jahr 2020 in Deutschland insgesamt weniger Menschen wegen Atemwegserkrankungen in Kliniken intensivmedizinisch behandelt werden mussten. Aus ärztlicher Sicht, hätte 2020 damit ein durchaus gutes Jahr sein können.


MEDIZINISCHE NORMALITÄT MIT VERHEERENDER POLITIK


Bekanntlich waren die politischen Reaktionen auf die medizinische Normalität jedoch verheerend. Sie prägen auf absehbare Zeit unseren »neuen Alltag«, haben die erste Generation von Kindergarten- und Schulkindern um ein Jahr ihrer Bildung und sozialen Entwicklung beraubt und einen irreparablen wirtschaftlichen Schaden von über einer Billion Euro verursacht (1 Billion = 1.000 Milliarden). Stand Anfang 2021 haben die politischen Fehler zu einer aggressiven Spaltung der Gesellschaft geführt. Es scheint, als habe eine Verkettung aus Inkompetenz und kalter politischer Berechnung ohne objektive Not zu dieser Jahrhundertkatastrophe geführt.


VERSTAND KONNTE KONTROLLVERLUST NICHT DURCHBRECHEN


Das erste Auftauchen von Sars-Cov-2 in den Medien fiel zusammen mit verstörenden Bildern aus der chinesischen Diktatur: Vom Militär abgeriegelte Städte, menschenleere Straßenschluchten und Autobahnen. Die Gestalten auf diesen Bildern waren vermummt, als befänden Sie sich im Gefahrengebiet einer Pockenepidemie. Im Westen hatte man keinerlei belastbare Informationen über die Natur dieser Ereignisse oder den mysteriösen Virus, der angeblich verantwortlich sei. Gewiss war nur, dass das chinesische Regime mauerte und sich selbst auf das Schlimmste vorbereitete. Auch zurückblickend bleibt es daher plausibel, dass man in diesen ersten Tagen und Wochen befürchten musste, es mit einem nie da gewesenen »Killervirus« zu tun zu haben. Auf diese anfangs real erscheinende Möglichkeit reagierten westliche Medien und Politiker – mit wenigen Ausnahmen – anstatt mit gebotener Kühle mit immer mehr Hysterie und Inkompetenz.


Als Ende Januar die ersten »Coronainfektionen« in Deutschland beim bayerischen Autozulieferer Webasto bekannt wurden, verlor die Politik allerdings noch nicht gleich den Kopf. Erst Wochen später wandte sich die zuvor für ihre Unaufgeregtheit fast berüchtigte Bundeskanzlerin mit einer emotionalen Ansprache ans verunsicherte Volk. Man werde »mit allen Mitteln« und »um jeden Preis« gegen jedes Sterben durch den neue Virus kämpfen. Dabei solle es keinen Unterschied machen, ob das Leben eines hochbetagten oder eines jungen Menschen betroffen sei. Es sei selbstverständliche »Solidarität«, die hier jeder mit jedem zu üben habe. Merkel wirkte erstmals seit 2015 wieder menschlich. Sie zeigte aus nachvollziehbaren Gründen das stärkste und menschlichste aller Gefühle: Angst. Ob und wie jedoch überhaupt eine Gefahr durch den neuen Virus ausging, war in diesem Moment weiter gänzlich unklar. Mehr noch: Bereits die allerersten wissenschaftlichen Daten zeigten, dass eine relevante Gefahr durch den neuen Virus allenfalls für solche Alters- und Erkranktengruppen ausging, die bereits heute zuvor überwiegend an Atemwegsinfektionen verstarben. Der Hinweis auf die banale Tatsache, dass Menschen mit dem Alter von 81 Jahren in Deutschland ganz üblicherweise versterben, galt von diesem Moment an und bis heute als »zynisch» und »herzlos«. Wie bei jedem anderen Panikpatienten, nutze alle Ratio auch bei Angela Merkel nicht, den Kontrollverlust zu durchbrechen. Panik ist mitnichten eine Erkrankung, die nur einfach strukturierte Menschen befällt.


PROPAGANDA STATT ECHTER VORSORGE IN ALTENHEIMEN


Im Verlauf der Monate bestätigten alle Messwerte die weitgehende Ungefährlichkeit des Sars-Cov-2-Virus für die breite Bevölkerung. Die Regierung verbreitete ungeachtet dessen nach außen weiter Angst – blieb derweil nach nach innen zugleich auffallend untätig. Zumindest gelang es dem gesamten Staatsapparat nicht, auch nur die einfachste Versorgung von Altenheimen und Krankenhäusern mit der nötigsten Schutzausrüstung an Kitteln und Mund-Nasen-Schutz zu organisieren. Wie später geleakte Papiere des Innenministeriums bestätigten, beschränkte sich der Ministerialapparat über diese Zeit fast ausschließlich auf Propagandamaßnahmen und unterließ bewusst eine Konzentration seiner personellen und materiellen Ressourcen auf die Bekämpfung der von ihm proklamierten medizinischen Krise. 


Ab März 2020 galt in Deutschland das Tabu der Sterblichkeit. Über alle Parteigrenzen hinweg inszenierten Politiker sich mit zuvor verpönter Kriegsrhetorik als mutige Kämpfer gegen den Tod und das Sterben, das in Form von »Viruswellen« angeblich bevorstand. Wer sich als Fachmann oder einfacher Bürger gegen solche Hetze aussprach, dem wurde das »Anziehen der Zügel« angedroht, in Form kontinuierlicher Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit. Denn es sei, so die Kanzlerin, nicht die Zeit für »Lockerungsorgien«. Deutschland, so verlautete sie zum Jahresende, habe 2020 schließlich »die schlimmste Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg erlebt«. Diesen Satz gab sie im vollen Wissen um die Tatsache von sich, dass nicht ein einziger Bürger ihres Landes mehr starb als im Durchschnitt der Jahre zuvor. Politisch war 2020 damit eine Neufassung von Andersens »Des Kaisers neue Kleider«: Eine intellektuell nackte Regentschaft ist fest von ihrer eigenen Herrlichkeit überzeugt und lässt sich von loyalen Staatsmedien bejubeln. Die vermelden dem Volk täglich, welche Brillanz und Entschlossenheit das Handeln seiner Regenten auszeichnet.


MASKENPFLICHT ALS SYMBOL, DAS MEHR SCHADET ALS NÜTZT


So erscheint es kaum erstaunlich, dass 2020 auch den bisherigen Höhepunkt einer vorbestehenden Vertrauenskrise der Bürger in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk markiert. Auch diese Nebenhandlung dürfte die kommenden Jahre bestimmen. Wer als Person des öffentlichen Lebens auf Ungereimtheiten in den Drohungen vom »Massensterben« hinwies, wurde mit Hilfe eben dieser Medien umgehend mit dem sozialen und beruflichen Tod bedroht. Prominent traf es den Präsidenten der Bundesärztekammer. Er erlaubte sich den Hinweis, dass die politisch vorgegebene »Maskenpflicht« ohne jeden wissenschaftlichen Nutzennachweis blieb. Bereits am Folgetag seiner Wortmeldung verlangte eine Regierungspartei seinen Rücktritt. Der Mann fiel sofort um und widerrief seinen nüchternen Hinweis auf Fakten als »Missverständnis«. 


Weniger prominente Ärzte werden derweil im Stillen von ihren Berufskammern bedroht und von Staatsanwaltschaft und Polizei mit Praxisdurchsuchungen und Beschlagnahmungen ihrer Patientenakten schikaniert. Das alles nur, weil Politiker die »Maskenpflicht« zum zentralen Symbol ihres »entschlossen Kampfes« gegen die Sterblichkeit erkoren hatten. Manch Ministerpräsident schmückt seine eigene »Maske« konsequent patriotisch mit Landeswappen und bekräftigt, dass auch die künftige Teilnahme an Impfungen gegen SarsCov-2 »selbstverständliche Bürgerpflicht« sei. Wagt es ein Arzt, im Angesicht dieses Irrsinns die medizinische Selbstverständlichkeit zu attestieren, dass vielen Menschen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung mehr schadet als nützt, ist er aus Sicht des Staates ein Aufrührer. Aus Sicht des bayerischen Ministerpräsidenten leistet er gar einer vermeintlichen »Corona-RAF« vorschub, also der Entstehung einer Bande von Serienmördern.


Anfang 2021 haben Regierung und Parteipolitiker in Deutschland sich mehrheitlich von Wissenschaft und Ratio entkoppelt und unseren Staat vom früheren Grundsatz seiner bürgerlichen Demokratie. Eine echte Abwägung von Sicherheit gegen Freiheit findet in unserem Land nicht mehr statt. 


Dr. med. Paul Brandenburg (Jahrgang 1978) ist Honorararzt, Unternehmer und Publizist. 2013 erschien sein Buch »Kliniken und Nebenwirkungen: Überleben in Deutschlands Krankenhäusern«. 




Dieser Text erschien in Ausgabe N° 34 am 22. Jan. 2021




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