Am 15. November 2020 wurde in Hanoi das bislang umfassendste Freihandelsabkommen RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) geschlossen.
RCEP umfasst die Staaten: Brunei,
Myanmar, Kambodscha, Indonesien,
Laos, Malaysia, Philippinen, Singapur,
Thailand, Vietnam, China, Australien,
Japan, Südkorea und Neuseeland; damit sind 2,2 Milliarden Menschen unter
einem Dach versammelt mit 30 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts aller Staaten
der Erde. RCEP soll ausdrücklich den
pazifischen Handelsraum für die Zeit
nach Corona neu organisieren. Geplant
ist die Umsetzung der Regeln der WTO,
also der Welthandelsorganisation. Das
heißt: weiter herabgesetzte Zölle und
standardisierte Handelsregeln für alle
Mitgliedsländer.
Dem neuen Freihandelsabkommen
wollte sich ursprünglich noch Indien
anschließen. Indien ist aber 2019 ausgestiegen, weil das subtropische Land eine
Überschwemmung des eigenen Marktes mit billigen chinesischen Produkten
befürchtet. Das bedeutet jetzt aber auch
ein chinesisches Übergewicht in der
neuen Freihandelszone. Während China
dieses Jahr laut Statista.de ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 14.860,78 Milliarden Dollar erwartet, kann Japan nur
mit fünf Billionen Dollar BIP aufwarten
– und Südkorea sowie Australien lediglich mit 1,5 Billionen Dollar. Chinas
Nachbarstaaten Laos, Kambodscha und
Myanmar befinden sich aufgrund ihrer
Schwäche und Instabilität schon lange
in einem bedenklichen Abhängigkeitsverhältnis von China.
KONFUZIANISMUS VERSUS MARKTRADIKALISMUS?
Das gleichzeitig existierende Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership, dem einige RCEP-Länder
weiterhin angehören, und dem China nicht angehört, ist für RCEP keine
ernstzunehmende Konkurrenz. Zu verstreut über Amerika, Asien und dem
Pazifischen Raum sind die zueinander
isolierten TPP-Staaten, um in einer homogenen Wirtschaftszone zusammenwachsen zu können.
Unter Präsident Obama war eine
TPP-Mitgliedschaft der USA angestrebt
worden. Sein Nachfolger Trump führte
jedoch die Integration der USA in das
transpazifische Abkommen nicht weiter. RCEP stellt dagegen einen geografisch homogenen Wirtschaftsraum dar.
Während das TPP-Konzept nach
marktradikaler Rezeptur die Ausgrenzung von Staatsbetrieben aus der Wirtschaft vorsieht, hat RCEP ausdrücklich
Staatsbetriebe als wichtigen Akteur
auf der Agenda und ist damit auf die
geschmeidige Zusammenarbeit von
Staat, Militär, Politkadern und »freier«
Wirtschaft in Ländern wie Südkorea,
Myanmar oder – China zugeschnitten.
Damit dürfte sich auch das amerikanische Modell der weitgehenden Demontage des Nationalstaates zugunsten
einer vollständigen Kontrolle der Wirtschaft durch private Mega-Konzerne
als überholt erwiesen haben.